zum Hauptinhalt
Abgestürzt. Nach dem Start in Baikonur fiel die Trägerrakete ins Meer. Foto: AFP

© AFP

Wirtschaft: Kreml sucht Schuldigen für Raketenabsturz Korrupte Beamte sollen für Verlust

von vier Navigationssatelliten verantwortlich sein

Moskau - Der Kreml und die russische Regierung wollen den mysteriösen Absturz einer Trägerrakete am vergangenen Wochenende schnell aufklären lassen. Sie haben der Generalstaatsanwaltschaft jetzt lediglich zehn Tage Zeit gegeben, um die Umstände des Verlustes von drei Glonass-Navigationssatelliten abschließend zu ermitteln.

Die Proton-Trägerrakete war am Sonntag vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet, um die Satelliten auf ihre Erdumlaufbahn zu hieven. Doch schon kurz nach dem Start wich sie deutlich von der geplanten Flugbahn ab, die Kurve war viel zu flach. Als die dritte Stufe gezündet wurde, war es schon zu spät: Nordwestlich des Hawaii-Archipels stürzte der Container mit den Satelliten in den Pazifik.

Allein der materielle Schaden beläuft sich nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos auf 190 Millionen US-Dollar (144 Millionen Euro). Weder Rakete noch die Satelliten seien ihrem Wert entsprechend versichert gewesen, sagte Roskosmos-Chef Anatoli Perminow russischen Medien. Für die Sonderkommission der Staatsanwaltschaft ist dies offenbar ein Grund mehr, nicht nur wegen Materialfehlern und menschlichem Versagen, sondern auch wegen Korruption zu ermitteln. Es werde genau geprüft, so ein Sprecher der Behörde, ob staatliche Fördergelder zweckentfremdet eingesetzt worden sind.

Mitarbeiter der russischen Sektion der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International sagen, Staatsaufträge seien in Russland eine „Lizenz zum Gelddrucken“. Immer wieder würden sich untreue Beamte einen Gutteil der Haushaltsmittel in die eigene Tasche stecken.

Durch den Absturz erlitt die russische Raumfahrt vor allem auch einen schweren Imageschaden. Glonass – das Kürzel steht für „Globales Sputnik-Navigationssystem“ – ist ein Prestigeprojekt ersten Ranges und das Lieblingskind von Premier Wladimir Putin. Ursprünglich sollte Glonass den US-amerikanischen Konkurrenten GPS bereits 2009 vom russischen Markt verdrängen. Dann wurde die Einführung auf 2010 verschoben.

Im Juli kündigte Wladimir Jewtuschenkow, der Chef der Unternehmensgruppe „Sistema“, die das Glonass-System herstellt und zu den größten Mobilfunkbetreibern in Russland gehört, ein Importverbot für Funktelefone an, die nicht mit Glonass ausgestattet sind. Dazu kommt, dass die Europäische Raumfahrtagentur ESA und Roskosmos bereits im Januar 2003 vereinbarten, Hardware für das künftige europäische Satellitensystem Galileo mit den Glonass-Satelliten zu testen.

Ob die Termine zu halten sind, ist nach der Bruchlandung am Sonntag fraglich. Zwar sind derzeit 20 Glonass-Satelliten im All und damit genug, um das Gebiet der gesamten Russischen Föderation abzudecken. Damit das System weltweit funktioniert – an einem Standort müssen immer mindestens drei Satelliten sichtbar sein – werden jedoch 24 gebraucht. Die derzeit fehlenden sollen im März gestartet werden und nach Möglichkeit auch noch zwei Reservesatelliten.

Glonass basiert auf ähnlichen technischen Prinzipien wie das US-amerikanische Navigationssystem GPS. Beide sind Kinder des Kalten Krieges und werden nicht nur im zivilen, sondern im militärischen Bereich eingesetzt. Vor allem für Aufklärungszwecke. Betreiber von Glonass ist daher das russische Verteidigungsministerium. Elke Windisch

Zur Startseite