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Wirtschaft: Kriegsangst treibt den Ölpreis auf Jahreshoch

Experten schätzen Krisenaufschlag auf acht Dollar – auch Benzin wird teurer

Berlin (hop). Der Rohölpreis hat am Dienstag ein neues Jahreshoch erreicht. Nachdem der britische Premierminister Tony Blair weitere Beweise für verbotene Waffenprogramme des Diktators Saddam Hussein vorlegte, wird ein Krieg der USA gegen den Irak immer wahrscheinlicher. Allgemein wird damit gerechnet, dass ein langer Konflikt die schwache Weltkonjunktur wieder abwürgen könnte. Besonders die Ölversorgung würde in Gefahr geraten. Schließlich liegen die größten Vorräte im Nahen Osten.

In London kostete ein Barrel Erdöl (159 Liter) der Sorte „Brent“ (siehe Lexikon) am Dienstagnachmittag 29,62 Dollar. In den USA übersprang der Preis für einige Sorten sogar die Marke von 30 Dollar. Die Mineralölkonzerne erhöhten daraufhin wiederum die Benzinpreisen. Ein Liter Benzin kostet nun drei Cent mehr, ein Liter Diesel zwei Cent, teilten Esso und BP-Aral mit. Normalbenzin kostet jetzt laut BP-Aral im Schnitt 1,07 Euro je Liter und Super 1,09 Euro.

Ohne die aktuelle Kriegsangst würden die Ölpreise wesentlich niedriger liegen, sagte Rainer Wiek, Chefredakteur des Energieinformationsdienstes (EID). Die Kriegsprämie liege mittlerweile bei bis zu acht Dollar. „Und die wird jeden Tag größer“, schätzte Wiek. Falle die Kriegsgefahr weg, könnten die Ölpreise bei 22 bis 23 Dollar je Barrel liegen. Außerdem wachse die Befürchtung, die derzeitige Produktion reiche nicht aus, sollte es zu einem harten Winter kommen. Die Internationale Energieagentur in Paris rechne zum Beispiel mit einer wesentlich höheren Nachfrage im Winter als die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec). Die Stimmung auf den Ölmärkten sei auch durch Meldungen der russischen Regierung gedrückt worden, im vierten Quartal des Jahres könnten die Exporte in Nicht-GUS-Länder schrumpfen. Dabei hatte Russland gerade in den vergangenen Monaten die Ölausfuhr besonders in die USA gesteigert.

„Wir wundern uns, dass die Preise immer noch steigen“, sagte dazu Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). Ein Versorgungsengpass sei – auch bei einem Kriegsausbruch – nicht zu erwarten. Die Opec hatte auf den Golfkrieg 1990 mit einer Ausweitung ihrer Produktion reagiert. Gleiches sei im Konfliktfall nun ebenfalls zu erwarten, sagte Meyer-Bukow. „Die Opec ist glaubwürdig.“

Außerdem habe die Förderung zufolge im zweiten Quartal 2002 über der Nachfrage gelegen. Und auch im laufenden dritten Quartal habe sich die Lage nicht grundlegend verändert, sagte Meyer-Bukow. Deswegen sei auch zu verstehen, dass die Opec – wie kürzlich beschlossen – ihre Produktion zurzeit nicht ausweiten wolle.

In der Wiener Opec-Zentrale hieß es am Dienstag, die Organisation beobachte die Preisentwicklung genau. Die Opec strebt an, den Preis je Barrel zwischen 22 und 28 Dollar zu halten. „Und wir werden die Stabilität des Marktes sichern“, sagte ein Sprecher.

Noch belastet der Ölpreis daher nicht die Wirtschaft. Gustav-Adolf Horn, Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte: „Im Moment gibt es dafür keine Anzeichen.“ Langfristig liege der Preis bei 25 bis 28 Dollar – „und das schließt auch spekulative Aufwärtsbewegungen nicht aus“. Erst wenn der Durchschnittspreis mehrere Monate über die Marke von 30 Dollar steige, dann verstärke das die Inflation und belaste die Wirtschaft. Die aktuelle Konjunkturschwäche sei eher auf einen zu schwachen Anschub durch die zurückhaltende Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zurückzuführen.

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