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Middelhoff

© dpa

Kriminalität: Justiz ermittelt gegen Ex-Arcandor-Chef Middelhoff

Die Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff eröffnet. Er soll in dubiose Immobiliengeschäfte des Konzerns verstrickt sein.

Der frühere Spitzenmanager Thomas Middelhoff steht im Verdacht, unzulässige Immobiliengeschäfte beim Karstadt-Mutterkonzern Arcandor getätigt zu haben. "Wir haben uns nach einer erneuten Prüfung von Unterlagen entschieden, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten", sagte die Oberstaatsanwältin Angelika Matthiesen in Essen. Bislang hatte die Essener Anklagebehörde nur mit Vorermittlungen gegen Middelhoff wegen Untreue begonnen.

Laut einer Behördensprecherin der Staatsanwaltschaft Essen gingen gegen Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick Anzeigen ein, die ihm Insolvenzverschleppung vorwerfen. In dieser Sache will die Staatsanwaltschaft abwarten, bis sich der vorläufige Insolvenzverwalter einen Überblick über das Unternehmen gemacht hat. Die Anzeigen sind laut Staatsanwaltschaft von Privatpersonen gestellt worden und stützen sich auf Presseberichte. Die Frage ist, ob eine Überschuldung vor dem Antrag auf Insolvenzverfahren vorgelegen hat.

Bevor Middelhoff 2004 als Aufsichtsrat zu Arcandor kam und 2005 Vorstandsvorsitzender wurde, hatten er und seine Frau sich an dem Oppenheim-Esch-Fonds beteiligt, der Karstadt-Immobilien im Portfolio hat. Verwaltet wird dieser vom Troisdorfer Immobilienunternehmer Josef Esch, der auch das Vermögen der Karstadt-Erbin Madeleine Schickedanz betreut. Im Jahr 2003 kaufte der Esch-Fonds  dem Karstadt-Konzern fünf Immobilien in Potsdam, Leipzig, München, Karlsruhe und Wiesbaden ab. Anschließend vermietete der Fonds die Häuser zu extrem hohen Mieten zurück.

Der Esch-Fonds versprach im Gegenzug für das Geschäft, Ausgleichszahlungen zu leisten. Diese blieben jedoch offenbar bis heute aus. Middelhoff wird nun vorgeworfen, die ausstehenden Zahlungen nicht eingeklagt zu haben, wovon er wiederum privat profitiert haben soll.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Roswitha Müller-Piepenkötter gebeten, das Engagement genauer zu prüfen. Das Landesministerium leitete dann das Schreiben von Zypries an die Staatsanwaltschaft Essen weiter.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik an Middelhoff gegeben wegen seines Engagements bei Esch gegeben. Aktionäre hatten dies auf mehreren Hauptversammlungen kritisiert. Arcandor hatte Anfang der Woche wegen Zahlungsunfähigkeit Antrag auf Insolvenz gestellt, nachdem eine Rettung mit staatlicher Hilfe gescheitert war.

Die Bundesregierung hatte die erbetene Bürgschaft und einen Rettungskredit abgelehnt, weil die Essener nicht erst durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise in Schieflage geraten seien. Nun bangen etwa 43.000 Mitarbeiter um ihre Jobs.

Der heute 56-jährige Middelhoff hatte im Mai 2005 die Leitung des in Schwierigkeiten geratenen Konzerns auf Drängen der damaligen Großaktionärin und Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz übernommen. Wenige Monate später startete er ein umfangreiches Umbau- und Kostensenkungsprogramm, mit dem er zunächst das Überleben des Konzerns sicherte. Dabei versilberte er allerdings fast alle Immobilien und mietete sie dann zurück. Nachdem er Vorstandsvorsitzender geworden war, soll Middelhoff es möglicherweise versäumt haben, dem Konzern aus diesem Geschäft zustehende Gelder einzutreiben.

Vor seinem Amtsantritt bei Arcandor stand Middelhoff 16 Jahre lang im Dienst der Bertelsmann AG. (rtr)

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