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Gesprächsbedarf: Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Trump.

© Miguel Medina / AFP

Kritik am deutschen Exportüberschuss: Hat Donald Trump Recht?

Der US-Präsident knöpft sich Deutschland vor. Die Wirtschaft wehrt sich: Die deutschen Produkte sind einfach gut, sagt sie.

Was hat Donald Trump denn nun gesagt? Dass die Deutschen "böse, sehr böse" seien, wie der "Spiegel" meldet? Oder "schlecht", wie es die Süddeutsche Zeitung verstanden hat? Glaubt man EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, spricht einiges für die zweite Variante. Juncker hat kritische Äußerungen des US-Präsidenten zum deutschen Handelsüberschuss bestätigt. "Er hat gesagt wir haben ein Problem, wie andere auch, mit dem deutschen Überschuss", sagte Juncker am Freitag vor dem Beginn des Gipfels der G7-Staats- und Regierungschefs im sizilianischen Taormina. Trump habe sich aber nicht ausgesprochen aggressiv über Deutschland geäußert. "Er hat nicht gesagt, die Deutschen benehmen sich schlecht", betonte Juncker. "Man muss das richtigstellen."

"Bad" heißt nicht böse

"Spiegel Online" zufolge hatte sich der US-Präsident bei einem Treffen mit EU-Spitzenvertretern in Brüssel mit deutlichen Worten über den Handelsüberschuss Deutschlands beschwert. "Die Deutschen sind böse, sehr böse", wurde der US-Präsident zitiert. Juncker hält das für eine Fehlübersetzung. "Ich bin kein Spezialist im Englischen, aber 'bad' heißt nicht 'böse' - 'schlecht' reicht ja", sagte der EU-Kommissionschef.

Bundesregierung: Der Überschuss ist weder gut noch böse

Ein Sprecher der Bundesregierung sagte am Freitag, der deutsche Überschuss sei weder gut noch böse. Er sei vielmehr das Ergebnis des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage auf den Weltmärkten. Neu ist das Problem nicht: Die USA weisen seit den 70er Jahren regelmäßig ein Handelsbilanzdefizit aus. 2016 lag der deutsche Exportüberschuss in die USA bei 49 Milliarden Euro, teilte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) am Freitag mit. Das habe objektive Gründe, betonte DIHK-Vize-Hauptgeschäftsführer Achim Derks: die Qualität der deutschen Produkte, der günstige Wechselkurs des Euro und die niedrigen Preise für Importgüter wie Öl.

Exporteure: Trump wird grandios scheitern

"Nicht der Handel ist das Problem, sondern die USA müssen mehr für ihre Wettbewerbsfähigkeit tun", sagte ein Sprecher des Bundesverbands des Groß- und Außenhandels dem Tagesspiegel. Der deutsche Exporterfolg liege daran, dass man gute Produkte zum richtigen Preis verkaufe. Mit seiner anvisierten protektionistischen Politik treibt der US-Präsident nach Meinung der deutschen Exportwirtschaft die US-Wirtschaft in den Abgrund und werde "als Verlierer in die amerikanische Geschichte eingehen". Trump werde "grandios scheitern", wenn er den Welthandel einschränken will. Immerhin sind die USA der zweitgrößte Exporteur der Welt. Die Gefahr müsse man nicht nur Trump vor Augen führen, sondern auch der Wallstreet, den international tätigen US-Konzernen und den betroffenen US-Bundesstaaten.

Nur weil amerikanische Produkte im Wettbewerb unterliegen, sollen andere nicht besser sein? Herr Trump, so funktioniert die Welt nicht, Handel nicht und Wettbewerb schon gar nicht.

schreibt NutzerIn mitte31

Autoaktien unter Druck

Glaubt man "Spiegel Online", habe Trump vor allem die deutsche Autoindustrie im Blick. "Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen." An der Frankfurter Börse gerieten deswegen Autoaktien vorübergehend unter Druck. Trump hatte den Exportüberschuss Deutschlands schon mehrfach kritisiert. Schon 1990 hatte er in einem "Playboy"-Interview Steuern bei der Einfuhr deutscher Autos angeregt.

Deutsche Autobauer produzieren viel in den USA

Die deutschen Autobauer mit Werken in den USA wie BMW, Daimler und VW produzierten im vergangenen Jahr aber immerhin rund 850.000 Autos in dem Land. Seit 2009 ist die Produktion in den USA vervierfacht worden. Aber: Nur 41 Prozent der in den USA gebauten Fahrzeuge werden in den Vereinigten Staaten verkauft, jeweils etwa ein Viertel geht nach Europa und Asien, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf den Automobilverband VDA. In Spartanburg in South Carolina betreibt BMW seine weltgrößte Autofabrik, direkt und indirekt hängen in den USA 70.000 Arbeitsplätze von dem Standort ab. Kein Wunder, dass Gouverneur Henry McMaster andere Töne anschlägt, obwohl auch er Republikaner ist. „Wir werden sicherstellen, dass die Gesetze die großartigen Beziehungen unserer Länder widerspiegeln“, versprach McMaster beim Besuch von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD).

Deutsche Firmen schaffen Arbeitsplätze

Auch beim DIHK weist man darauf hin, dass sich der Erfolg der deutschen Exporteure für die USA auszahle. "Deutsche Unternehmen sind in allen Bundesstaaten vertreten und schaffen insgesamt rund 700.000 Arbeitsplätze", sagte Derks dem Tagesspiegel. "Mit einem aktuellen Kapitalstock von 255 Milliarden Dollar sind die USA der mit Abstand wichtigste Markt für deutsche Direktinvestitionen". Schon vor dem Besuch Trumps hatte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zur Versöhnung gemahnt. "Die EU und die USA sind füreinander der wichtigste Exportmarkt und Handelspartner", hatte BDI-Präsident Dieter Kempf betont. "Unternehmen aus der EU beschäftigen in den USA mehr als 3,6 Millionen Menschen, US-Unternehmen beschäftigen über vier Millionen Menschen in der EU". (mit Reuters)

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