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Wirtschaft: Künast setzt sich bei Riester-Rente durch

Ministerin verteidigt Verbraucherschutz und verhindert Unisex-Tarife – Mittwoch entscheidet das Kabinett

Berlin (hej). Der Regierungsstreit über die Reform der RiesterRente ist beigelegt. Das Bundesfinanzministerium, das Sozial- und das Verbraucherschutzministerium haben sich auf einen Kompromiss verständigt. Das Bundeskabinett wird am Mittwoch den überarbeiteten Reformentwurf beschließen, der sich von den ursprünglichen Vorschlägen von Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) und Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) erheblich unterscheidet.

In dem jetzt aktuellen Entwurf, der dem Tagesspiegel bekannt ist, wird auf die Einführung von Unisex-Tarifen bei der staatlich geförderten, privaten Altersvorsorge verzichtet. Bisher zahlen Frauen wegen ihrer längeren Lebenserwartung höhere Beiträge als Männer. Das wollte Ulla Schmidt ändern. Allerdings „hätte sich die Riester-Rente dann noch schlechter verkauft“, gibt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gudrun Schaich-Walch, zu bedenken. Außerdem komme das Thema ohnedies später auf die Tagesordnung, weil auf EU-Ebene eine entsprechende Versicherungs-Richtlinie verabschiedet werden soll. „Bei Unisex-Tarifen kann man erst einmal abwarten“, sagt der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth.

Auch mit ihrem Vorschlag, die jährlichen Kundeninformationen über die Entwicklung der Riester-Anlage zu streichen, haben sich Eichel und Schmidt nicht durchsetzen können. In einer gemeinsamen Runde aus Vertretern des Finanz-, Sozial- und Verbraucherschutzministeriums, die Ende vergangener Woche stattgefunden hatte, hat man sich jedoch verständigt, diese Informationspflicht nicht mehr als Zulassungsvoraussetzung für Riester-Produkte vorzugeben, sondern an anderer Stelle gesetzlich zu regeln. Zudem sollen die Anbieter künftig vor Vertragsschluss die Verbraucher über die Mindestverzinsung und die Rückkaufwerte bei frühzeitiger Vertragskündigung informieren.

Um die Riester-Vorsorge flexibler zu gestalten, soll zudem das Angebot an geförderten Anlageformen ausgeweitet werden. Bislang können die staatlichen Zulagen nur für Rentenversicherungen, Fonds- und Banksparpläne eingesetzt werden. Künftig soll es keine Beschränkung der Anlagemöglichkeiten geben. Geförderte Riester-Produkte müssen aber auch weiterhin die Zertifizierungsvoraussetzungen (siehe Lexikon) erfüllen, die für eine Zulassung durch die Finanzaufsicht BaFin nötig sind: Dazu zählen die Garantie, dass der Kunde später mindestens die eingezahlten Beiträge wieder herausbekommt und eine Auszahlung nicht vor dem 60. Lebensjahr. Zudem werden die Riester-Gelder grundsätzlich als Monatsrenten überwiesen. Allerdings sieht der Entwurf vor, dass künftig bis zu 30 Prozent des angesparten Kapitals bei Vertragsende auf einen Schlag ausgezahlt werden können.

Heftig umstritten zwischen den beteiligten Ministerien war der Vorschlag Schmidts und Eichels, Versicherungsvertreter künftig früher in den Genuss ihrer Riester-Provisionen kommen zu lassen. Bisher gilt, dass Vertriebs- und Abschlusskosten bei Riester-Verträgen über zehn Jahre gestreckt werden müssen. Damit soll sicher gestellt werden, dass die Verbraucher von Anfang an Kapital ansparen. Bei herkömmlichen Lebensversicherungen gehen dagegen die Beiträge in den ersten drei bis vier Jahren für die Vertreterprovision drauf. Konsequenz: Kunden, die ihre Versicherung frühzeitig kündigen wollen, bekommen nur einen Bruchteil ihrer Versicherungsprämien zurück.

Vertreter bekommen Provision früher

Um die Riester-Policen für Versicherungsvertreter attraktiver zu machen, wollten Schmidt und Eichel die Kostenklausel streichen – gegen den Widerstand von Verbraucherschützern und Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne). Der neue Kompromiss sieht vor, dass die Kosten künftig nur noch auf fünf Jahre gestreckt werden müssen. Dennoch sieht sich das Verbraucherschutzministerium nicht als Verliererin: „Wir haben die Informationsrechte festgeschrieben und sogar noch ausgeweitet“, sagte Künasts Staatssekretär Alexander Müller dem Tagesspiegel. Zudem sei es auch ein Erfolg, die Fünf-Jahres-Regel bei den Provisionen verteidigen zu können, meint Müller.

Verbraucherschützer sind enttäuscht. Der Kompromiss bei den Vertreterprovisionen sei eine „Augenwischerei“, kritisiert der Finanzexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Manfred Westphal. Die neue Fünf-Jahres-Regelung unterscheide sich kaum noch von den Bedingungen, die bei Kapitallebensversicherungen gelten, sagte Westphal dem Tagesspiegel.

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