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Wirtschaft: Küsschen aus dem Handy

Mobiltelefonierer können jetzt Fotos und Animationen versenden: MMS ist ein Vorgeschmack auf UMTS

Von Alexander Visser

Den faulen Freund Fred, der trotz des schönen Wetters nicht mit in den Biergarten kommen will, kann man jetzt auf neue Weise ärgern. Wer ein neues High-Tech-Mobiltelefon besitzt, kann nicht nur erzählen, wie schön es im Biergarten ist, sondern davon auch gleich ein Foto machen und an Fred schicken. Da diese Anwendung offensichtlich menschlichen Bedürfnissen entspricht, wittern Handy-Hersteller, Netzbetreiber und Dienstanbieter neue Einkünfte. Da es aber erst zwei Foto-Telefone am Markt gibt, haben bisher nur Pioniere die Chance, den faulen Fred per Foto zu ärgern.

Die Technik heißt „Multimedia Messaging Service“ und kommt unter der Abkürzung MMS daher, die an SMS erinnert. Das soll auch so sein, erhoffen sich die Anbieter von MMS doch einen ähnlich sensationellen Erfolg wie mit den beliebten Text-Kurznachrichten: Über 30 Milliarden Kurznachrichten werden weltweit jeden Monat verschickt. „MMS ist die multimediale Weiterentwicklung der SMS“, heißt es bei Vodafone. Wie viele MMS bislang über Vodafone verschickt wurden, sagt die Firma nicht. Aber seit dem Start des Dienstes Ende April habe Vodafone mehr als 15000 MMS-Handys verkauft. Der Versand einer MMS bis zu einer Datenmenge von 30 Kilobyte kostet 0,39 Euro. Bis zur Obergrenze von 100 Kilobyte kostet die MMS 0,99 Euro.

Dieselben Preise verlangt Konkurrent T-Mobile, der seit Juli auf die neuen bunten Nachrichten setzt. „Schon jetzt werden etwa 2000 MMS pro Tag verschickt“, sagt Sprecherin Andrea Vey, „damit sind wir sehr zufrieden.“ Im Oktober will O2 mit einem eigenen MMS-Angebot nachziehen. E-Plus setzt zurzeit noch auf den aus Japan importierten Dienst i-Mode, will aber gegen Ende des Jahres auch MMS anbieten.

Zwei Foto-Modelle stehen zur Zeit zur Auswahl: Das T68i von Sony-Ericsson hat eine Kamera zum Anstecken. In Verbindung mit einem Handy-Vertrag kostet es je nach Netzbetreiber zwischen 100 und 300 Euro. Die Kamera separat kostet etwa 150 Euro extra. Nokia bietet mit dem 7650 ein Modell mit integrierter Kamera, das mit Vertragsbindung zwischen 300 und 450 Euro kostet. Gerade haben die Finnen zwei neue MMS-Modelle angekündigt. Auch die anderen bekannten Hersteller werkeln an Bild-Handys.

Uwe Baltner vom Handy-Portal Xonio hat MMS getestet ( www.xonio.de ). Dabei musste er eine ganze Reihe Kinderkrankheiten diagnostizieren: Noch kann man sie nicht netzübergreifend verschicken. Das heißt, T-Mobile-Kunden können keine MMS an Vodafone-Kunden schicken und umgekehrt. Auch das versenden von einem Nokia-Modell an ein Sony-Ericsson-Handy klappt noch nicht. Die Geräte dagegen kamen bei Baltner gut an. Das 7650 von Nokia und das T68i von Sony-Ericsson seien in der Bedienung benutzerfreundlich und in der Bildqualität vergleichbar. „Für Schnappschüsse ist die Qualität in Ordnung. Profi-Anforderungen entsprechen die Bilder nicht“, sagt Baltner. Das Nokia-Modell sei vor allem wegen der einfachen E-Mail-Anbindung positiv aufgefallen. Damit könnten Fotos leicht an Computer verschickt werden. Beim T68i gefielen den Testern besonders die sonstigen MMS-Funktionen. Denn MMS bedeutet mehr, als selbst gemachte Fotos verschicken.

Aktuell sind bunte, animierte Grafiken, die sich Nutzer im Internet aussuchen können. Eine der bei T-Mobile „M-Cards“ genannten Animationen zeigt zum Beispiel eine Frau, die Küsschen wirft. Auch Nutzer ohne entsprechendes Handy können ihre Freunde mit der küssenden Frau überraschen. Der Nutzer wählt eine Animation im Web aus, schickt sie an eine Handy-Nummer. Ein MMS-Handy zeigt die Animation sofort an. Nutzer eines älteren Handys empfangen einen Code und einen Link. Sie rufen die M-Card dann per WAP-Handy oder im Internet ab. Der Versand kostet zwischen 1,99 Euro und 2,29 Euro.

Die Hersteller träumen schon von den phänomenalen Einsatzmöglichkeiten der Zukunft, wenn der UMTS-Standard die Übertragung größerer Datenmengen erlaubt. Dann sollen Handy-Besitzer Freund Fred mit Kurzfilmen im Originalton ärgern (oder erfreuen) können. MMS bietet einen Vorgeschmack auf die neue UMTS-Mobilfunktechnik. So schwärmt Nokia, dass die Werbeindustrie mit MMS endlich die Möglichkeit habe, Marken im Mobiltelefon visuell ansprechend zu positionieren. MMS wertet das Mobiltelefon auch als Unterhaltungsmedium auf: So hat die britische Multimedia-Schmiede Anthropics eine MMS-Software entwickelt, die zu eigenen Sprachnachrichten animierte Gesichter anzeigt. So erscheint auf dem Display der britische Thronfolger Prinz Charles, um zur Party zu bitten.

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