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Wirtschaft: Kursrallye trotz falscher Bilanzen bei Qwest

US-Telekommunikationskonzern schönte Zahlen von 1999 bis 2001/Dax legt um knapp acht Prozent zu

Berlin (Tsp/os/dpa). In der Serie von Bilanzskandalen in den USA hat nun auch der große amerikanische Telekommunikationskonzern Qwest zugegeben, mehr als eine Milliarde Dollar an Umsätzen falsch verbucht zu haben. In den Jahren 1999 bis 2001 seien insgesamt 1,16 Milliarden Dollar (1,17 Milliarden Euro) an Erlösen aus dem Geschäft mit optischen Netzwerken falsch bilanziert worden, teilte das Unternehmen in Denver mit. Auch die Prognose für das Jahr 2002 von rund 18 Milliarden Dollar Umsatz wurde zurückgenommen.

Damit haben die US-Börsen einen neuen Fall in einer Reihe von Buchführungsskandalen. Die beiden Telekommunikationsgesellschaften Worldcom und Global Crossing haben bereits Konkurs angemeldet. Der Qwest-Aktienkurs ist von mehr als 60 Dollar einen Monat vor dem Kauf der großen US-Telefongesellschaft US West durch Qwest im Juni 2000 auf inzwischen nur noch 1,50 Dollar abgestürzt.

Der neuerliche Bilanzskandal wirkte sich jedoch am Montag nicht negativ auf die Stimmung an der New Yorker Börse aus. Die Wall Street eröffnete die Woche freundlich. Der Dow Jones kletterte bis 21 Uhr um 4,77 Prozent auf 8658,30 Zähler. Am Freitag war der Dow-Jones-Index bei 8264,39 Punkten mit einem Plus von 78,08 Punkten aus dem Handel gegangen.

Auch die deutschen Standardwerte haben sich am Montag weiter von den starken Verlusten der vergangenen Woche erholt. Bis zum Handelsschluss legte der Dax um knapp acht Prozent auf 3859,78 Zähler zu und am Neuen Markt stieg der Nemax 50 um 4,09 Prozent auf 551,12 Punkte. Zuversicht kommt auf dem Parkett trotz des Kurssprungs nicht auf. „Niemand kann sagen, ob diese Erholung nicht eine sehr kurze Angelegenheit ist“, sagte ein Händler.

Charttechniker haben darauf hingewiesen, dass die Börsen am heutigen Dienstag noch erhebliches Erholungspotenzial haben. Charttechniker sind Börsenexperten, die Rückschlüsse für die künftige Kursentwicklung aus den Kursen selbst ableiten. Als Ursache für das Erholungspotenzial sehen Charttechniker den Bruch eines Widerstandes bei 3726 Punkten, der den Dax in einem nächsten Schritt bis zu 4180 Punkte steigen lassen kann. An diesem Widerstand entscheidet sich, ob der Dax Kraft genug hat, die Hürde zu überwinden und bis etwa 4500 Punkte weiterzusteigen, oder ob er abprallt und wieder fällt. In diesem Fall droht erneut ein Absturz bis an das markante Tief von 3265 Punkten, das der Dax letzte Woche ausgebildet hatte, bevor er zu einer Erholung ansetzte. Die Charttechniker warnen langfristig orientierte Anleger weiterhin davor, Aktien zu kaufen, weil der übergeordnete Abwärtstrend nach wie vor intakt ist und die Börsen ihr letztes Tief noch nicht erreicht haben. Die derzeitige Erholung ist nur eine kurzfristige Bärenmarkt-Rallye.

Gerade für die amerikanischen Aktionäre ist es schwer, wieder Vertrauen in die Aktie zu gewinnen. Der Telekommunikationskonzern Qwest kündigte an, dass das Unternehmen wegen der Falschbuchungen die von der amerikanischen Wertpapier- und Börsenkommission SEC bis zum 14. August verlangte eidesstaatliche Richtigkeitserklärung für die Geschäftsabschlüsse durch den Unternehmens- und Finanzchef nicht unterzeichnen könne. Dies müssen die Vorstandschefs von mehr als 900 der größten US-Konzerne wegen der Buchführungsskandal-Serie tun.

Qwest will nun auch die Verbuchung von Transaktionen für den Verkauf von Ausrüstungen im Gesamtwert von 283 Millionen Dollar und Buchführungspraktiken bei der Telefonbuch-Firma QwestDex überprüfen. Von der Milliarden-Summe im Geschäft mit optischen Netzwerken seien 591 Millionen Dollar nach der im Juni 2000 erfolgten Fusion zwischen Qwest und der US-Telefongesellschaft US West verbucht worden, teilte das Unternehmen mit.

Qwest sitzt auf einem Schuldenberg von 26,6 Milliarden Dollar, von denen innerhalb Jahresfrist rund 5,7 Milliarden Dollar fällig werden, berichtete „USA Today“ am Montag. Es gibt bereits Untersuchungen der SEC und des US-Justizministeriums gegen Qwest. Die Ordnungshüter wollen vor allem wissen, ob Qwest und andere US-Telekomunternehmen ihre Umsätze künstlich aufgebläht hatten, indem sie Verkäufe von Netzwerkkapazitäten auf einen Schlag verbucht hatten, die sie über die Laufzeit der getroffenen Vereinbarungen hätten verbuchen müssen. Es geht auch um Tauschtransaktionen, bei denen Telekomfirmen Kapazitäten verkauften und gleichzeitig entsprechende Kapazitäten einkauften, um ihre Umsätze höher aussehen zu lassen, als sie tatsächlich waren.

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