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Wirtschaft: Kursrutsch an türkischen Aktienmärkten

Die erneute Kandidatur des Außenministers und früheren Islamisten Gül verunsichert die Anleger

Istanbul - Die Türkei ist nach wie vor kein Land für Investoren mit schwachen Nerven. Befürchtungen, dass die erneute Präsidentschaftskandidatur des Außenministers und früheren Islamisten Abdullah Güls zu einer neuen Auseinandersetzung mit der Armee führen könnte, ließen am Dienstagmorgen in Istanbul die Börsenkurse fallen und die Devisenkurse steigen. Doch es blieb beim kleinen Zittern. Im Vergleich zu den Verlusten wegen der US-Hypothekenkrise blieben die Kursrückgänge begrenzt. Nach einem ersten Schock erholten sich die Kurse gegen Mittag wieder etwas. Denn die Türkei bleibt für Investoren nicht nur nervenaufreibend, sondern auch attraktiv.

Nach Börsenstart am Dienstag ging der Leitindex in Istanbul vorübergehend um mehr als ein Prozent auf 49 677 Punkte zurück, stieg bis zum frühen Nachmittag aber wieder leicht. Gleichzeitig verlor die Lira gegenüber dem US-Dollar an Wert. Hinter den Verlusten standen Sorgen der Investoren wegen eines neuen und zermürbenden Machtkampfes um das Präsidentenamt. Händler fürchten, dass Güls Antreten das Militär auf den Plan rufen könnte, das sich als Hüter der Trennung von Religion und Staat versteht. Der Außenminister bekennt sich zwar offiziell zum Säkularismus, aber Kritiker glauben, er wolle die Trennung unterlaufen.

Nach Güls Gespräch mit der rechtsnationalen Oppositionspartei MHP am Vormittag beruhigte sich die Lage etwas. Die MHP bekräftigte ihre Zusage, sie werde bei der Präsidentenwahl kommende Woche im Parlament anwesend sein. Das ist ein Indiz, dass Güls Wahl schnell über die Bühne gehen könnte.

Der eindeutige Wahlsieg der AKP im Juli hatte in der Wirtschaft die Hoffnung auf stabile Verhältnisse in Ankara genährt; zwischenzeitlich stieg der Istanbuler Leitindex auf über 52 000 Punkte. Zudem hatte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eine Fortsetzung der politischen und wirtschaftlichen Reformen angekündigt.

Mit einem Wirtschaftswachstum von annnähernd sieben Prozent im ersten Quartal dieses Jahres, einer weiter sinkenden Inflation und einem steigenden Pro-Kopf-Einkommen ist die Türkei nicht mehr nur als Produktionsstandort interessant – das Land wird auch zunehmend zu einem gewinnbringenden Markt. Thomas Seibert

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