zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Kurswechsel bei der IG Metall

BERLIN (Tsp).Im Streit um ertragsabhängige Lohnbestandteile deutet sich bei der IG Metall jetzt ein Kurswechsel an.

BERLIN (Tsp).Im Streit um ertragsabhängige Lohnbestandteile deutet sich bei der IG Metall jetzt ein Kurswechsel an.Der Vize-Chef der Gewerkschaft, Jürgen Peters, erklärte, gewinnabhängige Lohnelemente würden "nicht von vornherein abgelehnt".Als Beispiel nannte er die Höhe des Weihnachtsgeldes.Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall begrüßte den "Meinungswandel" als "zentralen Aspekt für die Modernisierung des Flächentarifs".

Als Maßstab für die Höhe der Zahlung schlug Peters den Cash-flow eines Unternehmens vor.Der Cash-flow ist eine Kennziffer für die Finanzkraft eines Unternehmens.Noch vor wenigen Wochen - in der Tarifrunde 1999 für die Metallindustrie - hatte die IG Metall ein entsprechendes Ansinnen der Arbeitgeber kategorisch abgelehnt.In der Mai-Ausgabe der Gewerkschaftlichen Monatshefte stellte Peters nun Gespräche in Aussicht.Bezugnehmend auf die zurückliegende Tarifrunde schreibt Peters, die Metallarbeitgeber hätten damals "eine Etikettenschwindel versucht: Sie haben von ertragsabhängigen Lohnbestandteilen gesprochen, aber nur verlustabhängige Lohnbestandteile genannt".Bei Verlusten sollte das betreffende Unternehmen von der tariflichen Bezahlung abweichen können."Weil aber die IG Metall Tarifeinkommen als garantierte Mindesteinkommen versteht, wird sie sich mit einer solchen Lohnsenkung niemals einverstanden erklären", so Peters weiter.

Dem stellvertretenden IG Metall-Chef geht es vielmehr um eine Integration von Formen der Gewinnbeteiligung in die Tarifverträge."Voraussetzung wäre, daß es sich nicht um eine Kappung des bisherigen 55-prozentigen Weihnachtsgeldes bei Verlust, sondern um einer Erhöhung dieses Prozentsatzes bei Gewinn handelt", schreibt Peters.Die IG Metall sei immer bemüht gewesen, "übertarifliche Einkommenselemente tariflich einzufangen.Dies wäre ein weiterer Schritt dahin, diesmal allerdings nicht durch eine garantierte Anhebung, sondern durch eine konditionierte." Die Konditionen bezeichnet Peters als "Dreh- und Angelpunkt"; als "Entscheidungskriterium" schlägt er den Cash-Flow "als solideste und auch betriebsnaheste Kennziffer" vor.

Vorteilhaft an einer tariflichen Regelung sei, daß "die Entscheidung über ein erfolgsabhängig erhöhtes Weihnachtsgeld nicht im Betrieb fiele, sondern im Betrieb lediglich errechnet würde".Ein Cash-flow in der Höhe X bedeute dann ein Weihnachtsgeld in der Höhe Y.Aus den Betrieben würde Peters zufolge dadurch "Konfliktstoff herausgenommen, denn in der Praxis wird über eine gewinnabhängige Sonderzahlung in manchen Betrieben hart gefeilscht".

Die Vorschläge des stellvertretenden Gewerkschaftsvorsitzenden sind indes noch weit entfernt von der Position der Arbeitgeber.Nach Vorstellungen von Gesamtmetall soll das Weihnachtsgeld je nach Ertragslage des Betriebs nicht nur erhöht, sondern auch gekürzt werden können.Dies lehnte Peters strikt ab.Eine Senkung des Weihnachtsgeldes von 55 Prozent eines Monatslohns komme nicht in Frage."Nach guten Jahren gibt es mehr, nach schlechten Jahren weniger Weihnachtsgeld, - aber immer den Mindestsatz", betonte Peters.Dagegen erklärte Gesamtmetall, Ertragsabhängigkeit könne "keine Einbahnstraße sein.Solche tariflichen Leistungen müssen entsprechend der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens in beide Richtungen schwanken können."

Grundsätzlich signalisierte Peters mit seinem Vorstoß Gesprächsbedarf."Wir sollten darüber reden, und zwar nicht erst in der nächsten Tarifrunde, sondern genau dazwischen, damit man ohne Zeit- und Einigungsdruck das Für und Wider abwägen kann".Es beinhalte "Risiken und Chancen", wenn mit der Einführung gewinnabhängiger Lohnelemente "die Anbindung des Einzelnen an den Unternehmenserfolg eine Teamleistung honoriert" werden solle, schreibt Peters in den Gewerkschaftlichen Monatsheften.

Die Arbeitgeber dringen schon seit Jahren darauf, gewinnabhängige Lohnelemente - zumeist wird das Weihnachtsgeld vorgeschlagen - einzuführen.Diese Elemente sollen mit der Ertragslage des Betriebes schwanken können: In guten Zeiten gibt es mehr, in schlechten weniger Weihnachtsgeld.Nach Ansicht von Gesamtmetall würde dies schwächelnde Betriebe schonen und auch Arbeitsplätze sichern.Bisher scheiterten die Vorstöße von Gesamtmetall am hartnäckigen Widerstand der IG Metall.Die Gewerkschaft fürchtet, daß die Einkommenssituation der Beschäftigten der Willkür preisgegeben wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false