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Tuifly hat alle Flüge für Freitag gestrichen.

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Update

Kurzfristige Krankmeldungen: Tuifly will Freitag 10 Flüge stattfinden lassen

Tausende Urlauber müssen umplanen und Tuifly will ihnen die Ticketkosten nicht erstatten. Experten raten zur Klage. Die Ausfälle betreffen auch Air Berlin.

Wer sich mit Tuifly oder Air Berlin in den Urlaub befördern lassen will oder wollte, braucht gute Nerven – und womöglich einen Rechtsanwalt, möchte er Geld für nicht erbrachte Leistungen erstattet bekommen. Die Ferienfluggesellschaft Tuifly hat seit Tagen ein Problem mit spontanen Krankmeldungen ihrer Piloten. Deshalb strich sie am Donnerstag 47 von 110 geplanten Flügen. Eigentlich waren für Freitag alle Flüge gestrichen, doch nun sollen zehn Flüge stattfinden, was Tuifly mit gemieteten Maschinen und Besatzungen gewährleisten will.

Dabei handelt es sich um vier Flüge von deutschen Flughäfen ins türkische Antalya, einen nach Palma de Mallorca sowie die zugehörigen Rückflüge - mit teils geänderten Abflugzeiten. „Alle weiteren Flüge ab Deutschland, Österreich und der Schweiz sind aufgrund aktueller Crewengpässe für den 07. Oktober gestrichen“, schreibt Tuifly. Eine Sprecherin von Tui Deutschland lehnte für die ausgefallenen Flüge Entschädigungsforderungen der Kunden ab: „Die massenhaften und äußerst kurzfristigen Krankmeldungen sind ein außergewöhnlicher und nicht vermeidbarer Umstand im Sinne von höherer Gewalt.“

Da Tuifly auch mit 14 Maschinen für Air Berlin fliegt, ist auch die zweitgrößte Deutsche Airline von der „Krankheitswelle“ betroffen. Tuifly habe am Donnerstag für Air Berlin keinen einzigen der geplanten 90 Flüge durchgeführt, sagte ein Unternehmenssprecher. Immerhin 30 Flüge davon konnte Air Berlin mit Ersatzcrews doch abheben lassen. Wie kulant Air Berlin mit gestrandeten Passagieren umgeht, blieb vorerst offen.

Krankmeldungen können kaum angezweifelt werden

Philipp Kadelbach vom Flugrechtsportal Flightright ermunterte betroffene Kunden, den juristischen Weg zu gehen. Das ist sein Geschäft. Tuifly könne sich nicht auf höhere Gewalt berufen, argumentierte er. Krankheitswellen zählten zu den normalen Betriebsrisiken, die Airlines zu jeder Zeit einkalkulieren müssten. Dies gelte auch bei Zweifeln, ob tatsächlich eine Krankheit vorliege. Er empfehle allen betroffenen Passagieren, ihre Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Kadelbach berichtete, dass bei seinem Unternehmen die Telefone dieser Tage beinahe doppelt so oft wie üblich klingeln. Firmen wie Flightright bieten an, die Entschädigung im Auftrag des Kunden zu erstreiten – behalten aber im Erfolgsfall einen Teil der Summe ein.

Tuifly und Air Berlin haben nach Einschätzung des Berliner Arbeitsrechtlers Robert von Steinau-Steinrück kaum Möglichkeiten, die Krankmeldungen der Beschäftigten zu hinterfragen oder ihnen gar einen „wilden Streik“ zu unterstellen. Es sei sehr schwierig zu beweisen, dass die Beschäftigten die Krankheit nur vortäuschten. Ärztliche Atteste hätten eine hohe Beweiskraft. Falsche Krankmeldungen erfüllen dem Fachanwalt zufolge allerdings den Straftatbestand des Betruges. Die Gewerkschaften distanzierten sich von Piloten. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Pilotenvereinigung Cockpit riefen Mitglieder sogar dazu auf, – zunächst bis Sonntag – Sonderschichten für Air Berlin zu fliegen.

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