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Wirtschaft: Lafontaine sucht jetzt den Schulterschluß

BRÜSSEL (tog).Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) sucht in Brüssel den sozialdemokratischen Schulterschluß.

BRÜSSEL (tog).Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) sucht in Brüssel den sozialdemokratischen Schulterschluß.Am Montag war sich der EU-Rat der Wirtschafts- und Finanzminister jedoch über die Parteigrenzen hinweg einig, daß künftig in der Euro-Zone eine stärkere Koordination der Wirtschaftspolitik notwendig ist und die Beschäftigungspolitik in der EU Vorrang haben muß.

Im Unterschied zur Regierung Kohl, die den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zur rein nationalen Aufgabe erklärt und sich hartnäckig gegen beschäftigungspolitische Initiativen Brüssels gewehrt hatte, sprach sich Oskar Lafontaine in Brüssel für eine aktive Politik auf beiden Ebenen aus: Sowohl zuhause in den EU-Mitgliedstaaten als auch in der gemeinsamen europäischen Politik müsse der Kampf für mehr Arbeitsplätze Vorrang bekommen.Schon am Vorabend hatten die elf sozialdemokratischen Finanzminister in einem gemeinsamen Vorschlag zur "Wirtschaftsreform im Rahmen der Währungsunion" das Ziel vorgegeben: eine bessere europäische Abstimmung der Wirtschaftspolitik, um Wachstum und Vollbeschäftigung, Haushaltsdisziplin und Preisstabilität zu unterstützen.

Nachdem der neue Bonner Finanzminister zuletzt in den Verdacht geraten war, er wolle die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck setzen, goß Oskar Lafontaine am Montag in Brüssel Öl auf die Wellen: Er bekannte sich zur vertraglich vereinbarten Euro-Stabilitätspolitik, zur Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung und zu einer Einkommens- und Lohnpolitik, die sich an der Produktivitätsentwicklung orientieren müsse.In Übereinstimmung mit den Vorschlägen der sozialdemokratischen Finanzminister ließ er keinen Zweifel daran, daß die EZB die vorrangige Aufgabe habe, für Preisstabilität zu sorgen.

Solange diese Preisstabilität aber nicht gefährdet sei, könne die EZB auch dazu beitragen, "mit ihrer Geldpolitik das Wachstum und die Beschäftigung zu unterstützen", sagte Lafontaine.Alle Wirtschaftsexperten seien sich einig, daß gegenwärtig keine Inflationsgefahr bestehe.Dagegen seien die Wachstumsprognosen heute schlechter als noch vor einigen Monaten.Um künftig eine bessere Abstimmung zwischen Geld- und Beschäftigungspolitik zu erreichen, müsse, so fordern die sozialdemokratischen Finanzminister, ein Dialog zwischen Regierungen, EZB und Sozialpartnern eingeleitet werden.Dieser Dialog habe aber nichts mit Beeinflussung oder politischem Druck zu tun, sagte Lafontaine am Montag in Brüssel.In der politisch äußerst schwierigen Debatte über das Finanzierungssystem der EU schlug der neue Finanzminister bei seinem ersten Auftritt im EU-Ministerrat im Unterschied zu seinem Vorgänger eher vorsichtige und moderate Töne an.Lafontaine setzt offenbar auf eine Deckelung des EU-Haushalts, mit der eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten offenbar einverstanden sein könnte.Wenn die EU nämlich ihre Ausgaben einfriere, dann bedeute das auch die Begrenzung der deutschen Nettobeiträge.Erst wenn dies gelinge, könne man anschließend auch über Ausgleichsmechanismen mit dem Ziel einer besseren Lastenteilung sprechen.Es sei jedoch äußerst schwierig, einen Kompromiß zu finden, mit dem alle zufrieden sind, gab Lafontaine zu bedenken.Er setze dabei nicht auf lautstarke Forderungen in der Öffentlichkeit, sondern auf Einzelgespräche mit den EU-Partnern.

Während der neue Bonner Finanzminister sich am Montag noch nicht auf eine deutsche Position zur Außenvertretung der Euro-11-Zone festlegen wollte, drängte er in Brüssel auf zügige Gespräche über eine Steuerharmonisierung.Eine bessere Abstimmung der Steuerpolitik der Mitgliedsländer soll vor allem einen Steuerwettlauf nach unten verhindern, der zusätzliche Löcher in die Staatskassen reißen würde.Die sozialdemokratischen Finanzminister wollen vor allem den Trend umkehren, der in den vergangenen Jahren in nahezu allen EU-Mitgliedstaaten die Arbeit immer mehr belastet und den Faktor Kapital immer mehr entlastet hatte.Künftig, so forderten sie in ihrem Vorschlag zur Wirtschaftsreform, solle die Arbeit von Steuern entlastet werden, um Anreize für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu schaffen.

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