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Wirtschaft: Lafontaines Europapolitik im Kreuzfeuer

Oskar Lafontaine hielt sich ruhig im Hintergrund, als Gerhard Schröder im vergangenen Jahr um das Kanzleramt kämpfte.Daß dies nicht von Dauer sein würde, erwarteten die meisten Journalisten, die Deutschland kennen.

Oskar Lafontaine hielt sich ruhig im Hintergrund, als Gerhard Schröder im vergangenen Jahr um das Kanzleramt kämpfte.Daß dies nicht von Dauer sein würde, erwarteten die meisten Journalisten, die Deutschland kennen.Sie behielten recht.Lafontaine hat nicht nur bei vielen zentralen Entscheidungsprozessen die Oberhand bekommen, sondern auch Europa im Sturm genommen.Egal, ob er die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frage stellt, die Einführung einer Aktionärskultur in Unternehmen ablehnt oder den "schädlichen" Steuerwettbewerb abschaffen will - die politschen Vorstellungen von Lafontaine haben eines gemeinsam: Sie sollen die Bedrohungen für den Wohlfahrtsstaat abwenden.Die SPD hat zwar nicht ausdrücklich die einheitliche europäische Währung abgelehnt, doch befürchtet der linke Flügel der Sozialisten unter Anführung von Lafontaine negative Folgen.

Vor diesem Hintergrund muß man den letzten Vorschlag des deutschen Finanzministers für ein neues internationales Währungssystem um Euro, Yen und Dollar sehen.Am vergangenen Wochenende präsentierte Lafontaine sein Konzept auf der Frankfurter Konferenz von 25 Finanzministern als "Lösung" der problematischen Wechselkursschwankungen, die die Finanzmärkte erschüttert haben.Daß der Vorschlag von Lafontaine, der auch vom japanischen Finanzminister Kiichi Miyazawa und Dominique Strauss-Kahn, seinem französischen Kollegen, unterstützt wird, mit mehr als leichter Skepsis aufgenommen wurde, verwundert nicht.

Jeder vernünftige Mensch ist für internationale Währungsstabilität.Es würde die Risiken und Kosten des internationalen Handels und der weltweiten Investitionen senken und damit das Wirtschaftswachstum fördern.Doch die Konferenzteilnehmer mißtrauten zu Recht den Vorstellungen von Lafontaine.Der deutsche Finanzminister stellt sich unter "Stabilität" vor, daß sich Deutschland und die Eurozone nach außen vom Wettbewerb bei Handel und Investitionen abschirmen.Dazu gehört etwas, das auf keinen Fall die globale Wirtschaftsentwicklung fördern würde: Kapitalverkehrskontrollen.Lafontaine hat in Frankfurt ausdrücklich gefordert, daß kurzfristige Kapitalströme kontrolliert und Spekulationen ein Riegel vorgeschoben werden sollen.Bereits eine verwässerte Version der Kapitalverkehrskontrollen, wie sie im vergangen Jahr in Malaysia eingeführt wurden, würden die liberale Wirtschaftsordnung umstoßen.Die malaysischen Kapitalverkehrskontrollen schaden am meisten dem ehemaligen Tigerstaat selbst, sofern sie nicht schon auf den Finanzmärkten umgangen werden.

Kapitalverkehrskontrollen sind kein Schritt zu mehr Stabilität.Im Gegenteil: Sie stehen einer effizienten weltweiten Verteilung des Kapitals entgegen.Denn die Kontrollen führen dazu, daß einige Regionen darben, obwohl das Kapital dort gewinnbringend eingesetzt werden könnte und andere Regionen mit geringerem Kapitalbedarf überschwemmt werden.Währungsstabilität erreicht man nur, wenn die Währungshüter die Wechselkursstabilität - zusammen mit der Kaufkraft der Währung - zu einem ihrer Ziele machen.Lafontaines Lieblingsschreckgespenst ist, daß ein Land durch Abwertung einen Wettbewerbsvorteil erlangt - ein Glaube, der einst von vielen verwirrten Ökonomen geteilt wurde.Nach den Geschehnissen in Indonesien und Südkorea ist Lafontaine einer der wenigen, die noch dieser Überzeugung anhängen.Japan ist derzeit sicher für niemanden ein Vorbild, und auch um Deutschland und Frankreich steht es nicht allzu gut.Wenn Lafontaine es schafft, die europäische Wirtschaftspolitik zu bestimmen, waren die gewaltigen Anstrengungen für den Euro umsonst.

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