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Wirtschaft: Lange Liste von Politikern mit Firmenbezügen

Auch BASF, RAG und Bertelsmann bezahlen hauptamtliche Politiker / Kaum ein Unternehmen hat klare Regelungen

Berlin Nach und nach kommen immer mehr Namen von Abgeordneten ans Licht, die neben ihren Diäten Gehälter von Unternehmen beziehen. Auf Anfrage des Tagesspiegel räumten BASF , Bertelsmann und RAG ein, hauptamtliche Politiker auf der Gehaltsliste zu führen. Der Vize-Präsident des rheinland-pfälzischen Landtags, Jürgen Creutzmann, ist außerdem leitender Angestellter bei BASF im Rechnungswesen und erhält nach Firmenangaben weiter sein Grundgehalt. Er nimmt allerdings Abzüge bei den Leistungsprämien in Kauf. Insgesamt 235 Mitarbeiter übten Ende 2003 bei BASF ein politisches Mandat aus; FDP-Politiker Creutzmann sei der einzige Parlamentarier auf Landes- oder Bundesebene. In dem Chemiekonzern existiert eine „Mandatsträgerregelung“. Demnach erhalten Politiker – sofern sie während ihres öffentlichen Amtes weniger verdienen als bei BASF – eine Ausgleichszahlung. Zudem garantiert BASF eine Rückkehr ins Unternehmen unter Berücksichtigung der „während der Mandatszeit erworbenen Kenntnisse“. Die Zeit im öffentlichen Amt wird auf die betriebliche Altersvorsorge angerechnet.

Beim Energiekonzern RAG stehen zwei Politiker auf der Gehaltsliste. Darunter die Bundestagsabgeordnete Martina Eickhoff (SPD), die bei der RAG-Tochter Deutsche Steinkohle AG arbeitet. Eickhoff war im Oktober nachträglich in den Bundestag gerückt und ist mit reduzierter Arbeitszeit und reduzierten Bezügen weiterhin bei der RAG beschäftigt. Auf der Homepage des Bundestags allerdings sind die Angaben über Eickhoffs Nebenverdienst, die veröffentlichungspflichtig sind, nicht aufgeführt. Der Medienkonzern Bertelsmann zählt seit 13 Jahren einen hauptberuflichen Politiker zu seinen Angestellten: den EU-Parlamentarier Elmar Brok. Der CDU-Mann firmiert als „Senior Vice President“ des Bereiches „Media Development“. Das Unternehmen verweist darauf, dass dies nie ein Geheimnis war: „Elmar Brok hat seine Tätigkeit für Bertelsmann von Anfang an öffentlich gemacht“, sagt ein Sprecher. „Er beobachtet für uns die internationalen gesetzgeberischen und politischen Rahmenbedingungen und berät Bertelsmann mit Blick auf mögliche Investitionen.“

Ein noch klareres Aufgabengebiet hat das CDU-Präsidiumsmitglied Hildegard Müller bei der Dresdner Bank : das Projekt Dresdner Frauenkirche und die Aufarbeitung der Geschichte des Geldinstituts im Nationalsozialismus. Der zeitliche Aufwand der früheren Abteilungsleiterin der Bank liege unter dem für eine Halbtagsstelle und ihr Gehalt sei entsprechend gekürzt worden, erläuterte ein Sprecher der Dresdner Bank. Bei der Deutschen Bank hieß es, ein hauptamtliches politisches Mandat und gleichzeitig ein voller Gehaltsbezug sei ausgeschlossen. Derzeit sitze kein Mitarbeiter der Deutschen Bank im Bundestag.

Nur wenige Unternehmen haben Richtlinien, wie mit einem Mitarbeiter zu verfahren ist, der ein politisches Mandat wahrnimmt. Dazu gehört VW . Allerdings überprüft der Autohersteller derzeit diese Grundsätze, die seit 1990 gelten. Wie Konzernsprecher Thomas Mickeleit sagte, gelte auch in Wolfsburg das Prinzip, dass nur ein Gehalt bezahlt werde, wenn tatsächlich eine Leistung erbracht worden sei. VW erwägt, sowohl die Liste der politischen Mandatsträger als auch die Grundsätze für Nebentätigkeiten zu veröffentlichen. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff forderte VW auf, alle Politikernamen zu nennen. Bei Daimler-Chrysler und BMW hieß es, man beschäftige keine hauptamtlichen Politiker. Ebenso verfährt die WestLB : „Wer hauptamtlich ein Mandat übernimmt, scheidet aus.“

Von dem Versuch politischer Einflussnahme wollte keines der befragten Unternehmen etwas wissen. Dafür gebe es andere erprobte Mittel, etwa Lobby-Arbeit durch eigene Hauptstadtrepräsentanzen. Allerdings sorgten die neuen Fälle in vielen Firmenzentralen für Unruhe. „Wir haben keine aktiven Politiker in unseren Reihen. Aber wir sind dabei, das noch mal ganz gründlich durchzuforsten,“ sagte der Sprecher einer Bank.

Bei der Deutschen Bahn ist laut einer Sprecherin „kein aktiver Abgeordneter“ tätig. Die Beschäftigung sei auch „derzeit ausgeschlossen“. Ähnlich sieht es bei der Deutschen Post aus. Dort durchforstet man zurzeit noch die Personaldaten, aber „nach allen bisherigen Ergebnissen scheint das Thema Nebentätigkeit für uns irrelevant zu sein.“ Der Chemiekonzern Bayer hat drei Mitarbeiter, die Mandate im Bundestag und im NRW-Landtag ausüben. Bei zwei der Beschäftigten ruhe derzeit der Vertrag, und sie erhielten keine Bezüge. Der dritte Mitarbeiter befinde sich in Altersteilzeit. Tsp

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