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Last mit dem Erbe: Der letzte Wille

Wer erbt das Haus, wer nimmt das Pferd? Wer sein Testament eindeutig formuliert, beugt Streitigkeiten vor.

Der Tod gehört zum Leben und er macht auch vor dem Vermögen nicht halt. Wer Vermögen in Form von Immobilien oder Geld besitzt, sollte sich deshalb beizeiten Gedanken machen, was nach seinem Ableben damit geschieht. Dass dieses Thema ein im wahrsten Sinne gewichtiges ist, verdeutlicht eine Zahl: rund 1,54 Billionen Euro wurden oder werden nach Berechnungen des Instituts Empirica zwischen 2009 und 2018 in Deutschland vererbt.

Eine grundsätzliche Überlegung des Erblassers muss sein, ob er seine Angehörigen nach der gesetzlichen Erbfolge oder nach seinen individuellen Plänen bedenken will. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist genau festgelegt, wer von den Angehörigen wann zu welchen Teilen erbt. An erster Stelle stehen dabei die Kinder – auch uneheliche und adoptierte. Sollten die Kinder nicht mehr leben, kommen Enkel oder Urenkel zum Zuge. Die Erben zweiter Ordnung sind die Eltern – sind sie bereits verstorben, erben die Geschwister, danach Nichten und Neffen des Erblassers. Gibt es weder Erben erster noch zweiter Ordnung, geht der Nachlass an Tanten, Onkel, Cousins oder Cousinen - sie sind Erben dritter Ordnung.

Natürlich geht auch der Ehepartner oder der eingetragene Lebenspartner des Erblassers nicht leer aus. Allerdings hängt sein Anteil von den sonstigen familiären Umständen und vom Güterstand ab. Hat der Erblasser beispielsweise Kinder, steht seinem Partner ein Viertel des Nachlasses zu. Wenn beide in einer Zugewinngemeinschaft lebten, fällt ein weiteres Viertel an den Partner. Anders verhält es sich im Fall einer Gütertrennung. Hatte das Paar zum Beispiel zwei Kinder, geht jeweils ein Drittel des Erbes an den noch lebenden Partner und die Kinder. Bei drei oder mehr Kindern bleibt dem Ehepartner ebenfalls ein Drittel.

Wer seine eigene Vorstellung darüber hat, wie er sein Erbe aufteilen will, sollte aber nicht auf die starren gesetzlichen Regelungen bauen, sondern ein Testament machen. „Man unterscheidet dabei zwischen dem eigenhändigen und dem öffentlichen Testament“, erläutert Christian Rupp vom Deutschen Notarverein. Beim eigenhändigen Testament gibt es einige Punkte zu beachten, damit es Gültigkeit hat: Es muss vom Erblasser handschriftlich verfasst, datiert und unterschrieben sein. Ein Computerausdruck ist ebenso unwirksam wie eine Tonbandaufnahme.

Inhaltlich birgt das handschriftliche Testament allerdings nicht selten Zündstoff für Streit unter den Erben, wenn es nicht eindeutig formuliert ist. Ein Beispiel: Ein Mann vermacht seiner Tochter das Haus. Es stellt sich heraus, dass auf dem Haus Schulden lasten. Die Tochter beruft sich darauf, dass im Testament nur von dem Haus die Rede ist und will, dass die Schulden unter allen Erben aufgeteilt werden. Die lehnen das ab, der Erbstreit ist programmiert.

„Zudem besteht bei einem eigenhändigen Testament die Gefahr, dass es nach dem Tod des Erblassers nicht zur Ausführung kommt“, sagt Karin Baur von Stiftung Warentest. Entweder wird es nicht gefunden oder der Finder lässt es verschwinden, weil er sich im Nachlass nicht ausreichend berücksichtigt fühlt – ein Fall, der in der Praxis durchaus vorkommt, wie Notar Rupp bestätigt. Auch dass ein Erbe die Geschäftsfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Testamentsschreibens anzweifele, sei nicht selten.

Ein prominentes Beispiel hielt im vergangenen Sommer die französische Öffentlichkeit in Atem: Liliane Bettencourt, L'Oréal-Erbin und eine der reichsten Frauen der Welt, hat bereits zu Lebzeiten eine Milliarden Euro an einen guten Freund verschenkt. Später setzte sie ihn sogar als Alleinerben ein. Bettencourts Tochter wollte ihre Mutter daraufhin vor Gericht für unzurechnungsfähig erklären lassen. Zur Beweisführung zeichnete sie Gespräche ihrer Mutter auf Tonband auf und brachte damit nebenbei auch noch eine hoch politische Steueraffäre ins Rollen. Am Ende änderte Bettencourt ihr Testament.

Streit kann auch entstehen, wenn der Erblasser die Pflichtteilregelung beim Aufsetzen des Testaments nicht bedacht hat. Denn auch der persönliche Letzte Wille kann sich nicht über die geltende Rechtslage hinwegsetzen. Derzufolge erhalten Erben erster Ordnung, also Kinder und Enkelkinder, sowie Ehepartner die Hälfte des gesetzlichen Erbes – auch wenn sie im Testament nicht bedacht werden. Erbt laut Testament beispielsweise ein Kind den gesamten Besitz seines Vaters in Form eines Hauses, muss es seiner Mutter und seinen Geschwistern dennoch den Pflichtteil auszahlen. Im schlimmsten Fall kann das bedeuten, dass das Kind dafür das geerbte Haus verkaufen muss.

Um das Risiko für Auseinandersetzungen zwischen den Erben zu minimieren, empfiehlt Baur, vor dem Aufsetzen eines Testaments Rat bei einem Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar zu suchen. Mit letzterem zusammen kann der Erblasser auch ein öffentliches Testament aufsetzen, das beim Amtsgericht hinterlegt wird. Die häufigste Form des Letzten Willens ist nach Angaben des Notarvereins das sogenannte Berliner Testament. Darin erklären sich Ehe- oder eingetragene Lebenspartner gegenseitig zu Alleinerben, für den Fall, dass der andere stirbt. Zwar gilt auch hier die Pflichtteilsregelung – sie wird aber von den Kindern nur selten in Anspruch genommen, weil sie wissen, dass sie nach dem Tod des zweiten Partners zum Zuge kommen. „90 bis 95 Prozent derer, die ein Testament beim Notar machen, nehmen das Berliner Testament in Anspruch“, sagt Christian Rupp. Beim Verfassen müssten die Ehepartner jedoch darauf achten, dass der Zurückbleibende die Möglichkeit erhalte, das Testament im Nachhinein ändern zu können.

Auch nicht verheiratete Paare können sich gegenseitig als Erbe einsetzen. Dafür müssen sie aber beim Notar einen Erbvertrag schließen. Im Unterschied zum gemeinschaftlichen Testament unter Eheleuten kann ein solcher Vertrag auch mit Fremden geschlossen werden und das sind Lebensgefährten im rechtlichen Sinne. Die Angehörigen, etwa Kinder aus einer früheren Ehe, haben aber nach wie vor ein Anrecht auf ihren Pflichtteil.

Es gibt jedoch einen Weg, auf dem Paare ohne Trauschein nicht nur die gesetzliche Erbfolge umgehen, sondern auch noch auf legalem Wege Erbschaftssteuern sparen können. Erben, die mit dem Erblasser nicht verwandt sind, haben nämlich nur einen geringen Steuerfreibetrag. Der Trick ist der Abschluss einer Lebensversicherung: Der Versicherungsnehmer versichert das Leben seines Partners. Als Begünstigten der Risikolebensversicherung gibt er sich selbst an. Der Partner überweist ihm die Beiträge, muss dabei aber die Freibeträge für Schenkungen beachten. Stirbt er, erhält der Versicherungsnehmer das Geld – und muss es nicht versteuern.

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