zum Hauptinhalt
Nur Hygiene schützt vor den Keimen auf Hähnchen: Fleisch gut durchgaren, Messer und Finger sofort waschen.

© picture alliance / dpa

Lebensmittelsicherheit: Bauern verteidigen Antibiotika-Einsatz bei Tieren

Verbraucherschutzministerin Aigner will den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung per Gesetz beschränken. Für ihren Kollegen aus Nordrhein-Westfalen ist das Vorhaben eine "Mogelpackung".

Die deutsche Geflügelwirtschaft hat den Vorwurf zurückgewiesen, sorglos mit Antibiotika umzugehen. Im Sommer 2011 sei eine „Zielvereinbarung“ geschlossen worden, bei der sich die Branche selbst verpflichtet habe, den Antibiotika-Einsatz in den kommenden fünf Jahren um 30 Prozent zu verringern, teilte der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft am Dienstag mit. Die Debatte um die Arzneimittel und deren Einsatz in der Massentierhaltung war am Montag aufgeflammt, weil der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) antibiotikaresistente Keime in Hühnchenfleisch aus Supermärkten gefunden hatte. Sie können durch zu starken oder fehlerhaften Einsatz von Antibiotika entstehen und bei anfälligen oder älteren Menschen zu schweren Erkrankungen führen.

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sagte, insgesamt sei die Menge an eingesetzten Antibiotika rückläufig. Die Bauern hätten sich verpflichtet, die Mittel nur zur Behandlung kranker Tiere, nicht aber zur Wachstumsförderung einzusetzen.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hatte am Dienstag einen Entwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vorgelegt, um den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zu begrenzen. Die Nutzung solle „auf das absolut notwendige Maß“ beschränkt und die Befugnisse der Kontrollbehörden der Bundesländer erweitert werden, teilte Aigner in Berlin mit. Die Ministerin appellierte zudem an die Bundesländer, die Kontrollen zu verstärken. Im März will das Kabinett über den Entwurf beraten, im Herbst könnte das Gesetz in Kraft treten. Kritik kam aus Nordrhein-Westfalen: Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) sagte, Aigners Entwurf sei „eine Mogelpackung“ .

Die Novelle soll die Kontrollen der Länder erleichtern und beschleunigen, etwa durch einen erweiterten Zugriff auf Daten: So sollen Tierärzte verpflichtet werden, auf Anfrage der Behörden alle Daten zur Abgabe und Anwendung von Antibiotika schriftlich zusammengefasst zu übermitteln. Zudem soll die Zusammenarbeit der Kontrolleure verbessert werden: Die Behörden, die Betriebe im Bereich Tierschutz und Lebensmittelhygiene kontrollieren, müssen künftig einen Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch an die zuständigen Stellen weiterleiten. Zudem dürfen Tierärzte künftig nicht mehr von den Dosierungsvorschriften bei Antibiotika abweichen. Damit soll eine zu starke oder fehlerhafte Nutzung der Mittel verhindert werden. Außerdem soll der Einsatz von Antibiotika, die auch in der Humanmedizin verwendet werden, bei Tieren reduziert werden.

Vor den in den Supermärkten entdeckten Keimen können Verbraucher sich leicht schützen, indem sie in der Küche auf Hygiene achten. „Fleisch sollte immer gut durchgegart werden, dann sterben die Keime ab“, sagt Miriam Ewald, Sprecherin des Bundesinstitut für Risikobewertung. Rohes Fleisch sollte gewaschen werden, um Keime abzuspülen. Bereits gegarte Speisen sollten nicht mit rohem Fleisch in Kontakt kommen. „Verbraucher sind durch die Keime keiner akuten Gefahr ausgesetzt“, sagt Ewald.

Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass diese Erreger auf dem Fleisch entdeckt wurden. Das Bundesinstitut, das die Daten der Kontrollbehörden der Länder auswertet, weist für 2009 bei 20 Prozent der Hühnerfleisch-Proben antibiotikaresistente Keime aus, bei Pute sogar bei 40 Prozent. Daher spricht sich das Bundesinstitut dafür aus, den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft so gering wie möglich zu halten, um Resistenzen zu vermeiden.

Umweltverbände wie Provieh rufen auch die Bauern dazu auf, in den Betrieben stärker auf Hygiene zu achten. „Bessere Hygiene macht in vielen Fällen den Einsatz von Antibiotika unnötig“, sagt der Geschäftsführer der Tierschutzorganisation, Stefan Johnigk. So sei die Luft in Hühnerställen häufig mit Ammoniak aus dem Kot der Tiere belastet, was zu Entzündungen der Atemwege führe. „Weniger Tiere auf engem Raum lassen das Risiko für eine Erkrankung stark sinken.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false