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Wirtschaft: Lebensversicherer: Britische Anbieter gehen höheres Risiko ein

Der Marktanteil ausländischer Kapitallebensversicherungen auf dem deutschen Markt dürfte bisher nur bei rund zwei Prozent liegen, so die Schätzung der Sprecherin des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (BAV), Elke Washausen-Richter. Die größte Bedeutung erlangt haben britische Policen, die Wolfgang Scholl von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen als interessante Anlageprodukte bezeichnet.

Der Marktanteil ausländischer Kapitallebensversicherungen auf dem deutschen Markt dürfte bisher nur bei rund zwei Prozent liegen, so die Schätzung der Sprecherin des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (BAV), Elke Washausen-Richter. Die größte Bedeutung erlangt haben britische Policen, die Wolfgang Scholl von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen als interessante Anlageprodukte bezeichnet. "Mehr Konkurrenz täte dem Markt hier zu Lande gut. Die deutschen Versicherungsnehmer aber bleiben ihren gewohnten Gesellschaften treu", meint er. Erreichen deutsche Policen eine Verzinsung zwischen fünf und sieben Prozent der eingezahlten Prämien, wobei die obere Marke nur von wenigen Gesellschaften erreicht wird, kommen britische Gesellschaften auf Werte von durchschnittlich 8,5 Prozent.

Dahinter steckt eine andere Anlagepolitik. In Deutschland dürfen Versicherungsgesellschaften maximal 30 Prozent der eingezahlten Prämien in Aktien anlegen, wobei der Durchschnitt bei rund 20 Prozent liegt. Inzwischen gehen aber manche Versicherer dazu über, ihren Aktienanteil bei der Anlage der Kundengelder zu erhöhen - so berichtete die Allianz Lebensversicherung kürzlich von einem Anstieg auf 29 Prozent. Britische Versicherer hingegen sind grundsätzlich frei in ihren Anlageentscheidungen, im Schnitt legen sie 70 bis 80 Prozent in Aktien an. Sie gehen aber auch ein höheres Risiko ein. Laufen die Börsen einige Jahre schlecht, schmelzen auch die Renditen der Policen zusammen und reduzieren die Ablaufleistungen. Auch sind die Versicherungsmanager unterschiedlich erfolgreich bei ihren Anlageentscheidungen. "Die Diskrepanz der Rendite zwischen britischen Gesellschaften ist weitaus größer, und es gibt viele Versicherer in Großbritannien, die geringere Renditen erzielen als leistungsstarke deutsche Unternehmen", sagt Wolfgang Scholl. Neben dem geringeren Aktieninvestment deutscher Versicherungsunternehmen sieht Scholl als weitere Renditebremse die hier zu Lande gesetzlich vorgeschriebene Garantieverzinsung, was indirekt miteinander zusammenhängt; sie wurde jüngst als Anpassung an das gesunkene allgemeine Zinsniveau auf 3,25 Prozent gesenkt. Viele Gesellschaften würden ihre Versicherten mit nur wenig mehr als dieser garantierten Verzinsung abspeisen. Sie machen ihre Geschäfte trotzdem, da die Mehrzahl der Versicherungsnehmer, so die Erfahrung Wolfgang Scholls, noch immer vor Vertragsabschluss keine Vergleichsangebote einholt.

Die deutschen Gesellschaften sind mit ihren Anlagen allesamt ähnlich erfolgreich - sie legen den Großteil der Versicherungsprämien in Staatsanleihen oder Immobilien an und erzielten damit in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Schnitt Verzinsungen von rund sieben Prozent - sie geben die Renditen jedoch in unterschiedlichem Maß an die Versicherten weiter. Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten, insbesondere die Vermittlerprovisionen, reduzieren bei vielen Anbietern den Sparbetrag, aus dem ein Guthaben aufgebaut werden kann. Bei der überwiegenden Mehrzahl der deutschen Gesellschaften sind aus diesem Grund auch die Rückkaufswerte sehr gering. Den Verbraucherzentralen sind Fälle bekannt, in denen Versicherte bei einer Kündigung nach 15 Jahren nicht einmal ihre eingezahlten Beiträge zurück erhalten haben.

Die Frage nach den Rückkaufswerten ist von großer Bedeutung. Nach Auskunft des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen wird ein Drittel aller Verträge vor Ende der Laufzeit gekündigt. Sei es, dass die Policeninhaber die Prämien nicht mehr aufbringen können oder sich von einer anderen Geldanlage mehr versprechen.

"Auch bei den britischen Versicherungsgesellschaften gibt es große Unterschiede bei der Höhe der Vermittlerprovisionen und Verwaltungskosten. Genauso gibt es in Großbritannien wie bei uns unseriöse und seriöse Verkaufspraktiken", sagt Wolfgang Scholl. Für den Fall, dass ein Versicherungsnehmer aus einem Vertrag aussteigen will, weisen die Policen in Großbritannien einen Vorteil auf. Auf der Insel gibt es einen stetig wachsenden Markt für laufende, also "gebrauchte" Policen, der von spezialisierten Maklern gehalten wird. Sie haben Methoden entwickelt, den An- und Verkaufspreis einer Kapitallebensversicherung zu ermitteln. Der Käufer einer "gebrauchten Police" erwirbt die Option auf die Ausschüttung der Schlussgewinne, die am Ende der Vertragslaufzeit ausgezahlt werden.

Silvia Faller

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