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Wirtschaft: Lebensversicherer kürzen die Gewinnbeteiligung

Börsenkrise setzt der Versicherungswirtschaft schwer zu / Autoversicherer müssen Beiträge erhöhen

Berlin (hej). Die deutsche Versicherungswirtschaft steckt nach eigener Einschätzung in der „schwierigsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg“. Dennoch sei die Funktionsfähigkeit der Branche nicht angetastet, sagt der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Bernd Michaels, am Mittwoch in Berlin.

Trotz der schwachen Konjunktur und der hohen Arbeitslosigkeit rechnet der GDV für dieses Jahr mit einem Beitragswachstum von vier Prozent auf gut 140 Milliarden Euro. Allerdings werden auch die Ausgaben der Versicherer steigen. Naturkatastrophen wie die Sommerflut oder der Orkan „Jeannet“, aber auch die Anhäufung von Großschäden hätten in der Schaden und Unfallversicherung zu hohen Schäden geführt, sagte Michaels. Ausschüttungen der Lebens- und Krankenversicherer an ihre Kunden sowie Schadenszahlungen werden nach Schätzungen des GDV in diesem Jahr voraussichtlich 158 Milliarden Euro ausmachen - ein Anstieg um 5,7 Prozent. Anders als in der Vergangenheit sei die Möglichkeit der Versicherer, Verluste im Versicherungsgeschäft mit Kapitalerträgen auszugleichen, durch die Einbrüche an den Kapitalmärkten stark eingeschränkt.

Die Krise an den Börsen bekommen vor allem die Kunden der Lebensversicherungsgesellschaften zu spüren. GDV-Chef Michaels kündigte an, dass die Lebensversicherer, die sich in diesem Jahr über einen beachtlichen Zuwachs im Neugeschäft freuen können, ihre Überschussbeteiligung für das kommende Jahr um einen Prozentpunkt auf etwa fünf Prozent absenken werden. Allerdings rechnet der Verband mit erheblichen Unterschieden am Markt. Obwohl der GDV nach wie vor davon ausgeht, dass trotz der derzeitigen Börsenkrise jede Lebensversicherung die Ansprüche ihrer Kunden erfüllen kann, arbeitet der Verband weiter an der Gründung der Protektor Lebensversicherungs-AG. Diese soll die Versicherungsbestände notleidender Lebensversicherer übernehmen. Nach den Vorstellungen des Verbandes sollen sich alle deutschen Lebensversicherer bei der neuen Auffanggesellschaft engagieren. Protektor wird ihren Sitz in München haben und zunächst mit einem Kapital von 1,6 Millionen Euro starten. Bei Bedarf soll diese Summe aber auf fünf Milliarden Euro aufgestockt werden.

Wie schwer die Börsenkrise die Lebensversicherer getroffen hat, wollte GDV-Chef Michaels nicht sagen. Im vergangenen Jahr summierten sich die stillen Lasten – die nicht abgeschriebenen Verluste an den Kapitalmärkten – auf 2,4 Milliarden Euro. Wie hoch der Wert angesichts des weiteren Kursverfalls in diesem Jahr liegt, sei derzeit noch nicht abzusehen, sagte Michaels. Während die Versicherungswirtschaft insgesamt im vergangenen Jahr Kapitalanlagen im Wert von 871 Milliarden Euro hielt und daraus Erträge von 48 Milliarden Euro erzielen konnte, ist der Bestand im September auf rund 220 Milliarden Euro gesunken.

Die schwierige Situation an den Kapitalmärkten setzt auch den Schadenversicherern zu, die traditionell einen großen Teil ihrer Einnahmen an den Finanzmärkten investieren, um mit den Erträgen die Verluste aus dem versicherungstechnischen Geschäft zu mildern. Diese sind trotz der jüngsten Beitragserhöhungen im Industrie-Geschäft nach wie vor besonders hoch. Aber auch die Autoversicherung schreibt in diesem Jahr wieder rote Zahlen. Die Schäden sind weiter gestiegen – nicht zuletzt eine Folge der Naturkatastrophen –, die Beitragseinnahmen jedoch gesunken. Michaels bezweifelte aber, ob sich angesichts des harten Wettbewerbs die nötigen Beitragserhöhungen am Markt durchsetzen lassen. Daher erwartet der Verband für das kommende Jahr „nur sehr moderate Steigerungen“.

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