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Wirtschaft: Lebensversicherer zahlen weniger

Die niedrigen Zinsen machen der Branche zu schaffen – den Kunden auch

Berlin – Inhaber von Lebensversicherungen müssen sich auf sinkende Renditen einstellen. „Wenn die Kapitalmarktzinsen weiter so niedrig bleiben wie bisher, werden die Überschussbeteiligungen im nächsten Jahr sinken“, sagte Markus Faulhaber, Chefaktuar der Allianz Lebensversicherung, am Donnerstag in Berlin. In diesem Jahr liegt die durchschnittliche Gesamtverzinsung bei 4,3 Prozent. Doch angesichts des aktuellen Zinstiefs bei festverzinslichen Wertpapieren dürfte sich dieser Wert nach Meinung der Versicherungsmathematiker kaum halten lassen.

Auch Neukunden werden sich einschränken müssen: Erholen sich die Zinsen bis zum Jahresende nicht, „ muss der Höchstrechnungszins abgesenkt werden“, prognostiziert Kurt Wolfsdorf, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Der Rechnungszins gibt die Garantieverzinsung für die Sparanteile während der gesamten Vertragslaufzeit an. Zusätzlich zum Rechnungszins zahlen die Lebensversicherer dann noch eine Überschussbeteiligung, die aber – anders als der Rechnungszins – nur für die Vergangenheit und nicht für die Zukunft garantiert wird.

Die hohen Rechnungszinsen aus der Vergangenheit machen den Lebensversicherern zunehmend zu schaffen. Während für Verträge, die nach dem 1. Januar 2004 geschlossen worden sind, nur noch 2,75 Prozent garantiert werden, sind es für Policen aus den Jahren 1994 bis 2000 stolze vier Prozent. Da Lebensversicherungsverträge 20 Jahre und länger laufen, werden diese Verträge zu einer Belastung. Sie treiben den durchschnittlichen Rechnungszins in der Branche auf knapp 3,5 Prozent. Die Durchschnittsrendite öffentlicher Anleihen liegt jedoch nur bei gut 3,2 Prozent, das heißt: Es fällt den Versicherern zunehmend schwer, den Garantiezins zu erwirtschaften. Sollten die Kapitalmarktzinsen noch weiter sinken, könnte das für manches Unternehmen dramatischer werden als die Börsenkrise, warnt Faulhaber. Denn: 80 Prozent ihrer Kapitalanlagen stecken die Lebensversicherer in Zinspapiere.

„Die Situation wird jedes Jahr schwieriger“, prognostiziert auch Manfred Poweleit vom Branchendienst „map-Report“. Denn bei den Versicherern laufen jetzt allmählich die Hochprozenter aus der Hochzinsphase von vor zehn Jahren aus, „die Neuanlage liegt oft unter den 3,5 Prozent, die die Bestandsgarantien kosten“, so Poweleit. Nach Meinung von Verbraucherschützern sind die Versicherungsgesellschaften jedoch selber schuld an dem Dilemma: „Wer zwingt denn die Versicherer, den Höchstrechnungszins als Garantiezins zu zahlen“, kritisiert Wolfgang Scholl vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Sollte der Garantiezins für Neuverträge tatsächlich abgesenkt werden, brächte das nur wenig Entlastung. Denn zum einen würde die Absenkung wahrscheinlich erst 2007 wirksam. Zum anderen gälte sie nur für Neuverträge. Das Problem der hohen Altgarantien wäre damit nicht gelöst.

Kein Wunder, dass einige Gesellschaften versuchen, im Nachhinein an den Garantien zu drehen – ohne Erfolg. So musste die Axa kürzlich eine Klausel zurückziehen, die ihr eine „Überprüfung des Rechnungszinses“ in der Rentenversicherung bei bahnbrechenden, lebensverlängernden medizinischen Fortschritten erlaubt hätte. Nach empörten Anrufen der Kunden musste die Axa einsehen: „Das ist am Markt nicht durchsetzbar“, räumt Sprecherin Ursula Roeben ein. Auch der Versuch der Hamburg-Mannheimer, die Überschussbeteiligungen für Alt- und Neukunden zu differenzieren, ist gescheitert – an der Finanzaufsicht BaFin. Jetzt hoffen alle auf eines – auf steigende Zinsen.

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