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Wirtschaft: "Lebensversicherungen zur Altersvorsorge haben noch nicht ausgedient"

Die Bundesregierung will die Arbeitnehmer verpflichten, für die Rente zusätzlich privat vorzusorgen. Zugleich gibt es Überlegungen, die einseitige Bevorzugung der Versicherungen - die Steuerfreiheit der Kapitalerträge - abzuschaffen und möglichst viele Produkte der Altersvorsorge gleichzustellen.

Die Bundesregierung will die Arbeitnehmer verpflichten, für die Rente zusätzlich privat vorzusorgen. Zugleich gibt es Überlegungen, die einseitige Bevorzugung der Versicherungen - die Steuerfreiheit der Kapitalerträge - abzuschaffen und möglichst viele Produkte der Altersvorsorge gleichzustellen. Henrik Mortsiefer sprach mit Carsten Lucht, Geschäftsführer des Bundesverbandes Finanzdienstleistungen, über die Steuerpläne des Finanzministers. Herr Lucht, alle Arbeitnehmer sollen vom Jahr 2003 an verpflichtet werden, fünf Jahre lang 0,5 Prozent ihres Gehalts in die individuelle Altersvorsorge zu stecken. Wird es jetzt einen Run auf Versicherungen geben? Die Pläne der Bundesregierung sind ein Geschenk an die Versicherungsbranche, weil sie ihr ein kräftiges Neugeschäft beschehren. Jeder denkt doch: Die 0,5 Prozent investiere ich in eine Kapitallebensversicherung. Der Finanzminister versucht damit zugleich, die Versicherer zu beruhigen. Die Lobby wird nämlich Sturm laufen, sollten Kapitalerträge von Lebensversicherungen, sofern sie nicht der Altersvorsorge dienen, tatsächlich mit 25 Prozent besteuert werden. Wird es dazu kommen? Ich bin fest davon überzeugt, daß es nicht dazu kommt. Die Branche wird massiv Druck machen und die Steuer verhindern. Und wenn sich Eichel doch durchsetzt: Wird es einen Vertrauensschutz für bestehende Verträge geben? Ich denke, es wird ihn nicht geben. Der Fiskus müßte ja zwölf Jahre warten, bis er nach Inkrafttreten des Gesetzes erstmals kassieren darf. So weitsichtig ist noch keine Regierung gewesen. Was passiert mit Versicherungen, die etwa zur Finanzierung eines Hausbaus eingesetzt wurden? Hier ist größte Vorsicht angebracht. Die Tilgung mit der Kapitallebensversicherung könnte sehr unrentabel werden, wenn die Steuer auf die Kapitalerträge kommt. Von 100 000 DM Ertrag könnten am Ende schnell 25 000 DM an den Fiskus gehen. Wie auch immer das konkrete Gesetz aussehen wird: Hat die Kapitallebensversicherung nicht längst als Instrument der Altersvorsorge ausgedient? Dieses Argument ist schwer in Mode. Aber die Kapitallebensversicherung bleibt das beste und berechenbarste Instrument für eine Grundversorgung. Ich bin ja auch ein Fan des Fondssparens, weil - zumindest in den vergangenen 10 bis 15 Jahren - die Renditen höher waren. Aber es gibt eben keine Garantie, daß dies auch in Zukunft so sein wird. Im übrigen ist die geplante zeitliche Befristung der privaten Vorsorge auf fünf Jahre ein Witz. Nur wer nach fünf Jahren weiter einzahlt, hat wirklich etwas für sein Alter getan. Und: Wer schon eine Kapitallebensversicherung hat, sollte sich jetzt nicht noch eine zweite aufschwatzen lassen. Sind die speziell für die Altersvorsorge entworfenen AS-Fonds eine Alternative? AS-Fonds sind ein dummes Produkt, weil sie dem Anleger nichts Neues bieten. Geworben wird mit dem staatlichen Gütesiegel und der großen Transparenz der neuen Produkte. AS-Fonds sind nicht transparenter als herkömmliche Fonds auch, solange nicht von Zocker-Fonds die Rede ist. AS-Fonds haben vor allem eine Funktion: Sie bringen den Banken das Fondsgeschäft zurück, das ihnen die unabhängigen Fondsgesellschaften zuletzt massiv abgenommen haben. Das sollten Anleger wissen, die über ihre individuelle Altersvorsorge nachdenken. Praktisch an den AS-Fonds ist, daß sie gegen Ende der Laufzeit das eingezahlte Kapital in weniger riskante Anlageformen umschichten und zwar kostenlos. Praktisch ja, aber kostenlos nein. Der Anleger zahlt zwar keine ausgewiesene Gebühr für die Umschichtung. Aber die Fonds haben die Kosten, die dafür anfallen, längst an anderer Stelle einkalkuliert. Wie finde ich das richtige Produkt für meine Altesvorsorge? Studieren Sie die einschlägigen Informationen in den Medien und sprechen Sie mit mehreren unabhängigen Finanzberatern - es gibt in Deutschland über 1000 seriöse Anbieter.

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