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Bauen, bauen, bauen: Das machen nicht nur deutsche Knirpse gern. Bestseller sind „Lego-City“ und „Star Wars“.

© picture alliance / dpa

Lego-Manager: "Das war cool, aber nicht das, was Kinder wollten"

Lego-Marketingchef Mads Nipper über gefloppte Feuerwehrautos, die wie Raumschiffe aussahen, die Liebe der Deutschen zu den bunten Steinen und die Krise in Südeuropa.

Herr Nipper, wenn man sich im Spielwarenladen in der Lego-Abteilung umschaut, sieht man tierische „Chima“-Fabelwesen, die um eine Energiequelle kämpfen, maskierte Ninja-Kämpfer und den mit Flammenwerfern bewaffneten Iron Man. Was ist aus den guten, alten Lego-Steinen geworden?

Die gibt es doch immer noch. Sie finden heute noch Lego-„Star-Wars“-Raumschiffe wie vor 14 Jahren, Feuerwehrautos aus der „City“-Reihe, Kräne, Lastwagen und jede Menge Lego-Steine. Aber Kinder sind nun einmal unterschiedlich. Einige finden Spiele, bei denen es ums Kämpfen geht, aufregend. Andere stehen eher auf Trucks oder Flugzeuge. Wieder andere möchten lieber Fantasiewelten und -geschichten. Aber egal, wie die Figuren auch aussehen, hinter allen und allem steckt dieselbe Idee: Lego gibt den Kindern die Möglichkeit, kreativ zu spielen. Das war früher so, und das hat sich auch nicht geändert.

Passen denn die alten Steine überhaupt noch in die neuen Welten?

Auf jeden Fall. Die Steine, die Sie vor 50 Jahren gekauft haben, können Sie problemlos mit den neuen kombinieren.

Was läuft denn eigentlich am besten?

„Star Wars“ und „Lego-City“ – Polizeistationen, Kräne, Feuerwehrautos – sind schon seit Jahren unsere erfolgreichsten Produktlinien, das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Was auch besonders gut geht, sind „Lego Friends“ und „Chima“.

Bis zu welchem Alter spielen Kinder noch mit Lego?

Ungefähr bis zwölf, aber das ist natürlich von Kind zu Kind unterschiedlich. Wir versuchen aber, mit unseren Technik-Sets oder der „Mindstorms“-Reihe, bei der man Roboter bauen und programmieren kann, auch noch Teenager anzusprechen. Was ganz interessant ist: Viele Leute hören irgendwann mit Lego auf und entdecken es später als junge Erwachsene wieder.

Es gibt Lego für Spielekonsolen, Computer und Nintendo. Verdienen Sie Geld damit oder ist das eher der Versuch, die Marke cool zu machen?

Wenn Sie Achtjährige fragen, was sie am liebsten tun, dann sagen viele: mit Lego bauen und Computer spielen. Für die Kinder ist das kein Widerspruch und für uns auch nicht. Beides befruchtet sich gegenseitig. Die kostenpflichtigen Videospiele machen wir aber nicht selber, sondern geben Lizenzen an TT-Games, eine Tochter von Warner Brothers. Dafür bekommen wir Lizenzgebühren. Aber wir schauen uns natürlich alles, was unter unserem Logo auf den Markt kommt, vorher an.

Woher kommen die Ideen für neue Lego-Reihen? Von Fernsehserien, Filmen, Comics?

Vor allem von den Kindern selbst. Wir haben jede Woche Treffen mit Kindern, bei denen sie neues Spielzeug ausprobieren oder uns sagen, was sie gern hätten. Das ist unsere wichtigste Inspiration. Aber natürlich schauen wir uns auch um, welche Trends es so gibt. Wir haben eine Reihe, die heißt „Super Heroes“. Und wir wissen, dass die großen Filmstudios in den letzten Jahren viel Geld investiert haben in Filme mit Superhelden wie Batman, Spiderman oder Superman. Für uns ist es wichtig, so etwas zu wissen. Wir überlegen dann nämlich, ob wir das – allein oder mit Lizenzpartnern – in die Lego-Welt übersetzen können.

Also Krieg im Kinderzimmer?

Wir glorifizieren Krieg nicht. Spiele, in denen es darum geht, Konflikte auszutragen, sind wichtig, aber wir würden niemals, wirklich niemals Kriege verherrlichen. Viele unserer Konkurrenten machen das, wir nicht. Das würde auch das Vertrauen der Eltern in uns zerstören. Und: Wir nehmen nur solche Themen, die auch zu Lego passen. Deshalb haben wir etwa die Finger von den „Chroniken von Narnia“ gelassen. Das ist eine fantastische Geschichte, ein tolles Abenteuer, aber es passt einfach nicht in einen Lego-Kasten.

Spielen Chinesen-Kinder so wie deutsche Kinder?

Ist Lego überall auf der Welt gleich? Spielt ein kleiner Chinese mit denselben Figuren wie ein Deutscher?

Kinder sind schon ziemlich ähnlich, auch wenn die Eltern das nicht wahrhaben wollen. Ein achtjähriger Chinese, Amerikaner, Deutscher oder Däne finden dasselbe cool und interessant. Das hat uns selbst überrascht. Wir hatten erwartet, dass sich „Star Wars“ in den USA besser verkauft als in Europa, aber das stimmt gar nicht. Lego ist – mit ganz wenigen Nuancen – überall auf der Welt gleich und heißt auch gleich.

Vor zehn Jahren stand Lego vor einem Scherbenhaufen. Jetzt brechen Sie Umsatzrekorde und haben im vergangenen Jahr mehr als 750 Millionen Euro verdient. Was machen Sie heute besser?

Wir haben uns wieder auf das besonnen, was Lego ist und was Lego sein sollte. In unserer unendlichen Weisheit (lacht) haben wir damals die Vorschulserie „Duplo“, die bei Kindern und Müttern gleichermaßen beliebt war, eingestellt, weil die Verkaufszahlen nicht zulegten. Wir hatten damals durch Untersuchungen herausgefunden, dass Kinder etwas Cooles wollen, aber immer weniger Zeit zum Spielen haben. Darauf haben wir reagiert. Wir haben Feuerwehrautos gebaut, die aussahen wie Raumschiffe. Das war cool, aber nicht das, was Kinder und Eltern wollten. Beide haben sich beklagt, dass die Teile nach fünf Minuten fertig zusammengesetzt waren. Und viele Steine waren so speziell, dass sie nur zu diesem einen Bausatz gepasst haben.

Wie läuft das Geschäft in diesem Jahr? Werden Sie Umsatz und Gewinn erneut verbessern können?

Das kann man erst sagen, wenn das Weihnachtsgeschäft vorbei ist. Die letzten vier Wochen vor Weihnachten machen mehr als ein Drittel des gesamten Jahresumsatzes aus. Im ersten Halbjahr sind wir aber bereits um rund zehn Prozent gewachsen, deshalb wäre ich enttäuscht, wenn wir in diesem Jahr in Europa, Asien und den USA nicht weiter zulegen würden.

Letztes Jahr vor Weihnachten war Ihre vor allem bei Mädchen beliebte „Friends“-Serie in einigen Geschäften ausverkauft. Wie schnell können Sie neue Ware produzieren und in die Läden bringen?

Genau aus solchen Gründen ist unsere Produktion in der Nähe unserer Kernmärkte. Viele Unternehmen produzieren in Vietnam oder China, wir stellen unsere Produkte für den europäischen Markt in Europa her – in Dänemark und Ungarn, der Großteil wird in Tschechien verpackt, alles ein paar Autostunden von Deutschland entfernt. Wir können also sehr schnell auf Engpässe reagieren. Aber was im letzten Jahr mit „Friends“ passiert ist, hat alles gesprengt. Wir haben zweieinhalbmal mehr verkauft, als wir erwartet hatten. Deshalb haben leider nicht alle Käufer das bekommen, was sie wollten.

Ist Deutschland Ihr wichtigster Markt?

Nummer eins sind die USA, Deutschland ist die Nummer zwei. Die Deutschen – Kinder wie Erwachsene – sind Lego sehr verbunden und haben klare Vorstellungen davon, was wir sein sollten und was nicht. Ich war ja mal einige Jahre lang für den deutschen Markt zuständig, und ich kann nur sagen: Ich habe viel von den Deutschen gelernt. Deutschland ist so etwas wie unsere zweite Heimat.

Können sich Griechen, Spanier oder Italiener Lego-Spielzeug noch leisten oder bekommen Sie in diesen Ländern die Krise zu spüren?

Wir sind im ersten Halbjahr in jedem europäischen Land gewachsen, auch in Portugal, Spanien, Frankreich oder Italien. Dafür gibt es zwei Gründe. Wenn die Zeiten härter werden, sparen die Leute bei sich, aber nicht bei ihren Kindern. Sie kaufen keine neuen Flatscreens, aber Spielzeug. Und zweitens: Gerade in Krisenzeiten lassen Eltern und Großeltern das billige Spielzeug links liegen und kaufen hochwertige Qualitätsprodukte, von denen sie wissen, dass sie wie Lego mehrere Generationen lang halten.

In den USA und in Europa werden immer weniger Kinder geboren. Können erwachsene Männer und Sammler diese Lücke füllen?

Nein. Wir verkaufen an rund 50 Millionen Kinder in aller Welt. Verglichen damit sind unsere 10 000 bis 50 000 erwachsenen Fans eine absolute Minderheit. Aber sie sind Super-Botschafter für unsere Marke. Sie zeigen den Kindern, was alles möglich ist mit Lego, wenn man ein Händchen dafür hat und genügend Steine.

Was ist Ihr teuerstes Produkt?
Die Oper in Sydney. Die kostet rund 300 Euro. Aber dafür können Sie dann auch stundenlang bauen.

Das Interview führte Heike Jahberg

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