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Lehman-Manager: Tief gefallen, weich gelandet

Viele der 20 000 Menschen, die weltweit für die US-Investmentbank gearbeitet haben, sind weich gefallen. "Bei Lehman gearbeitet zu haben war und ist kein Makel. Im Gegenteil – die Banker hatten immer einen guten Ruf", sagt ein Ex-Lehman-Mann in Frankfurt am Main.

Frankfurt am Main - Der Chef in Amerika ist wohl für alle Zeit gebrandmarkt. Zumal er auch ein Jahr nach der Pleite keine Reue zeigt. Richard Fuld, ehemaliger Chef der Investmentbank Lehman Brothers, fühlt sich als „Sündenbock“, wie er gerade wieder öffentlich betonte. Schuld an der Pleite seien Gerüchte, Spekulanten, Ratingagenturen, Kunden und natürlich die US-Politik. Dass er selbst durch riskante Übernahmen und heikle Geschäfte mit Hypotheken- und Immobilienpapieren die Bank an die Wand gefahren hat, gilt indes heute als Gemeingut.

„Gorilla“ Fuld, wie der heute 63-Jährige wegen seiner Rücksichtslosigkeit tituliert wurde, ist trotzdem wieder aktiv – bei einem Hedgefonds in New York. Zuvor hatte er dem Insolvenzverwalter monatelang zur Seite gestanden. Sehr professionell, sagt dieser. Fuld kannte Lehman wie kein zweiter, 39 Jahre lang war er bei der Bank. Arbeiten müsste er nicht mehr – er soll an die 500 Millionen Dollar verdient haben.

Viele der 20 000 Menschen, die weltweit für die US-Investmentbank gearbeitet haben, sind weich gefallen. „Bei Lehman gearbeitet zu haben war und ist kein Makel. Im Gegenteil – die Banker hatten immer einen guten Ruf“, sagt ein Ex- Lehman-Mann in Frankfurt am Main. Im deutschen Finanzzentrum, wo Lehman in einem noblen Biedermeier-Gebäude 150 Leute beschäftigte, war man für das, was in New York getrieben wurde, ohnehin nicht verantwortlich. Die meisten sind gut untergekommen oder von der japanischen Bank Nomura, die das Europa-Geschäft kaufte, übernommen worden.

Das gilt etwa für den Co-Chef des deutschen Investmentsbankings, Patrick Schmitz-Morkramer. Andere der deutschen Topleute haben gewechselt. Michael Bonacker, zweiter Co-Chef der Investmentbanksparte, leitet nun die Strategieabteilung der Commerzbank. Hans Martin Bury, einst unter Gerhard Schröder Staatsminister im Bundeskanzleramt und später im Auswärtigen Amt, war seit 2005 für das Investmentbanking in Deutschland verantwortlich. Nach der Pleite blieb er nur kurz bei Nomura. Dann wechselte der studierte Betriebswirt die Sparte: Heute beschäftigt sich der SPD-Mann bei der Beratungsfirma Hering Schuppener mit Strategie, Fusionen und Übernahmen. Und Ex-Lehman-Sprecher Christoph Blumenthal kommuniziert inzwischen für die Deutsche Bank.

Diejenigen, die zu Nomura gingen, sind nicht immer mit ihrem neuen Arbeitgeber zufrieden. Kulturell finden die Japaner und die Banker aus Amerika und Europa offenbar nur schwer zueinander. Viele Ex-Lehman-Leute sind dem Vernehmen nach schon gegangen, andere peilen den Wechsel an. Auch bei der britischen Investmentbank Barclays Capital, die das US-Geschäft Lehmans übernommen hat, soll es nicht reibungslos laufen. Aber die Probleme dort sollen nicht so groß sein.

In Frankfurt ist der Schriftzug am einstigen Lehman-Gebäude verschwunden. Nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens kommt der Name noch vor. 450 Gläubiger haben Forderungen von 38 Milliarden Euro angemeldet – Großanleger, ein Privatkundengeschäft hat Lehman hierzulande nie betrieben. Laut Insolvenzverwalter Michael C. Frege, dem Bruder von Tote-Hosen-Sänger Campino, bekommen die Gläubiger wohl zehn Prozent ihrer Forderungen beglichen. Wann, ist aber offen. Rolf Obertreis

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