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Wirtschaft: Lehren aus der Maut: Koalition will Kontrolle BDI warnt vor dem Aus für Verträge mit privaten Investoren

(fo/hop). Nach dem Streit um die Offenlegung der Mautverträge fordern Parlamentarier in Zukunft Mitspracherechte bei Verträgen schon vor der Unterzeichnung.

(fo/hop). Nach dem Streit um die Offenlegung der Mautverträge fordern Parlamentarier in Zukunft Mitspracherechte bei Verträgen schon vor der Unterzeichnung. Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sagte in Berlin, die Mitglieder des Haushalts und Verkehrsausschusses seien sich einig, in Zukunft Geschäfte zwischen Bund und privaten Unternehmen, bei denen öffentlichen Interessen wahrgenommen werden, schärfer zu kontrollieren. Solche Geschäfte werden Public Private Partnerships (PPP) genannt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lehnt das ab. Wer die Kontrolle wolle, müsse „nein zu PPPs sagen und staatliche Aufgaben unter der Regie der öffentlichen Hand erledigen“, sagte Klaus Bräunig, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, dem Tagesspiegel.

Der Spitzenverband der Wirtschaft wehrt sich gegen eine Verallgemeinerung der Erfahrungen mit der Maut-Einführung: „Aus den Problemen bei der Lkw-Maut darf man jetzt nicht die Konsequenz ziehen, solche Verträge künftig Eingriffen des Parlaments zu unterwerfen“, sagte Bräunig. PPP-Projekte setzten „Spielräume für unternehmerisches Handeln“ voraus, „die sich mit parlamentarischer Kontrolle nicht vertragen“. Schlechte Erfahrungen hatte der Bund schon mit dem geplanten Großflughafen Berlin-Brandenburg gemacht, der wie das Mautsystem von privaten Investoren errichtet und betrieben werden sollte. Das Projekt liegt auf Eis.

Für den Grünenpolitiker Schmidt müssen „Vertragsgestaltungen durch das Parlament begleitet werden. In Zukunft wird es mit Sicherheit eine intensivere Kontrolle geben.“ Reinhard Weis, verkehrspolitischer Sprecher der SPD, bestätigte solche Pläne. Die aktuelle Situation bei der Maut sei „unbefriedigend für das Parlament“. Auf Grund der Mautverträge seien erhebliche Investitionen für die Infrastruktur im Budget des Bundes eingeplant worden. Jetzt seien die Haushaltsrisiken nicht abzuschätzen, sagte Weis.

Die Parlamentarier fordern Einsicht in PPP-Verträge, die haushaltsrelevant sind, weil der Bund mit Einnahmen rechnet. „Wo keine Einnahmen damit verbunden sind, müssen wir solche Verträge nicht im Detail kennen“, sagte Weiss. In jedem Fall müsse jedoch gelten: „Ein Vertrag darf nicht mehr in Gänze als geheim eingestuft werden.“

Das Mautkonsortium Toll Collect hatte sich lange gegen eine völlig Offenlegung der Verträge gewehrt und erst am Donnerstag nach heftigen Protesten der Politiker nachgegeben. Einsicht hatte bis dahin nur das Verkehrsministerium als Auftraggeber der Maut. Nun sollen den Parlamentsausschüssen alle 17 000 Seiten des Vertrages geöffnet werden. Die Abgeordneten rechnen damit, dass sie in der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch Einsicht nehmen können. Toll Collect hat den Informationen zufolge auch angeboten, in dieser Sitzung den aktuellen Stand der technischen Probleme zu erklären. Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) erwartet, dass die Abgeordneten weiterhin eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen müssen, soweit es sich um Betriebs-, Steuer oder Patentgeheimnisse handele. Sehen wollen die Abgeordneten vor allem haushaltsrelevante Vereinbarungen – das sind die Einnahmen, Haftungsregelungen und Termine.

Diese Vertragsdetails finden sich auf rund 200 Seiten, dem Kern des Mautvertrages. Die Parlamentarier werden trotzdem nicht ohne juristischen Sachverstand auskommen. Grüne und CDU/CSU-Fraktion haben bereits angekündigt, nur in Begleitung ihrer Hausjuristen Einsicht zu nehmen.

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