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Bis der Kopf raucht. Eine Weiterbildung neben dem Beruf ist kein Spaziergang. Aber es lohnt sich.

© picture-alliance/ dpa-tmn

Wirtschaft: Lernen nach Feierabend

Wer sich neben dem Beruf weiterbildet, braucht ein hohes Maß an Organisation. So bleibt der Lernstoff auch nach einem Arbeitstag im Kopf.

Die Augenlider sind schwer, die Konzentration schlecht und zu Hause wartet der Nachwuchs auf das Abendessen. Wer berufstätig ist und sich schon mal gleichzeitig weiterbilden wollte, kennt diese Momente, in denen die Frage auftaucht „Ist das gut?“. Die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland nimmt einmal im Jahr an einer einmaligen oder längerfristigen Weiterbildung teil. Das ist der höchste Stand seit 1979. Häufig steckt dahinter der Wunsch, sich beruflich weiterzuentwickeln.

Die Chancen dafür stehen gut, wenn man gegenüber dem Arbeitgeber von Anfang an die berufliche Perspektive dahinter abklärt und sich seine Unterstützung für den Berufs- und Lernalltag holt. Vor einer Entscheidung spielt man am Besten alle Etappen von der Anfahrt bis zur Abschlussarbeit einmal durch – auch Krisenmomente. Gute Weiterbildungsanbieter haben dafür Antworten bereit.

„Natürlich ist es eine Doppelbelastung“, erzählt Ute Terrey, die vor zwei Jahren eine Weiterbildung in Mediation angefangen hat. 300 Weiterbildungsstunden hat die 46-Jährige im Zeitraum von anderthalb Jahren absolviert, neben einer Dreißig-Stunden-Woche bei einem sozialen Kinder- und Jugendverein, neben zusätzlicher freiberuflicher Arbeit und einem Sohn im Teenager-Alter.

Rückblickend sagt sie, dass die Weiterbildung der entscheidende Schritt war, um sich diesen Herbst selbstständig zu machen und ein eigenes Beratungscafé zu eröffnen. Auch ein berufliches Netzwerk in dem Berufsfeld hat sie sich durch die Weiterbildung aufgebaut. Und trotzdem musste sie währenddessen, wenn es mal wieder nahtlos von einem Seminarwochenende in die Arbeitswoche ging, die Zähne zusammenbeißen.

Annett Eckloff vom Zentrum für Weiterbildung der Alice Salomon Hochschule in Berlin empfiehlt Interessenten sich ganz genau über den Zeitaufwand zu informieren: wie viele Stunden dauert die Weiterbildung vor Ort? Wie viel Zeit muss ich zu Hause, für Lerngruppen und später für die Abschlussarbeit oder Prüfungsvorbereitung einplanen?

Man sollte versuchen, den Dozenten vorher einmal persönlich zu sprechen: kann man bei ihm/ihr gut lernen? Wie groß ist die Gruppe? Was würde im schlimmsten Fall passieren, wenn wegen unvorhersehbarer zusätzlicher Belastung in Beruf oder Familie die Weiterbildung unterbrochen werden muss? Gute Anbieter in der Erwachsenenbildung sind auf solche Szenarien vorbereitet, sagt Eckloff. Während der Weiterbildung sind laut Lisa Kosman die Übergänge entscheidend. Sie ist Juristin, Mediatorin und Ausbilderin BM. Wichtig für Teilnehmer ist dabei, Pufferzeiten einzuplanen. „Wenn es Erschöpfungszustände gibt, bitte melden“, sagt Kosman.

Denn nur wenn die Dozenten Bescheid wissen, können sie auf ihre Teilnehmer reagieren – etwa eine praktische Übung vor den Theorieblock ziehen oder einen Muntermacher einbauen. Ein gutes Skript, das die Inhalte genau widergibt, helfe Berufstätigen mit vollen Tagen mehr als zwanzig Literaturtipps. Im Skript können Teilnehmer einfach nachlesen, wenn die Konzentration mal etwas niedriger war. Ute Terrey hat die 30 bis 45 Minuten S-Bahn-Fahrt immer zur inneren Vorbereitung auf die Weiterbildung genutzt. Dann ist sie das letzte Modul noch einmal durchgegangen und hat sich Fragen dazu gestellt. „Nicht zur Prüfung“, betont Terrey. Bei dem Übergang zurück in die Arbeitswoche half ihr die praktische Anwendbarkeit. Meistens fand sie gleich in der nächsten Woche Situationen, in denen ihr das neue Wissen weiterhalf. So konnte sie die Inhalte „gleich weiterarbeiten lassen“, sagt sie.

Ermunterung, ein Zuschuss zu den Weiterbildungskosten, Übernahme der Prüfungsgebühr oder ein Jahr lang Mittwoch schon um 16 Uhr gehen zu können – Knut Diekmann vom Bereich Weiterbildung im Deutschen Industrie- und Handelskammertag fallen viele Arten ein, wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in Weiterbildung unterstützen können. Dazu gehört auch, der Person Aufgaben zu übertragen, die mit den Inhalten der Weiterbildung zu tun haben. Mit dem Arbeitgeber über Weiterbildung zu sprechen sollte laut Diekmann keine einmalige Angelegenheit sein, sondern Bestandteil von jedem Mitarbeitergespräch. Nach dem Schema: wie ist das Jahr gelaufen, was möchte man im nächsten Jahr erreichen, was braucht man dazu?

Es gibt aber auch die andere Situation, dass Berufstätige ihre Weiterbildung gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen müssen. Nicht nur einmal vorab, sondern dann bei jedem einzelnen Termin. Ute Terrey hatte Glück, sie hatte die Unterstützung ihres Chefs, ihre Einsatzpläne waren immer auf die Weiterbildung abgestimmt. Andere Kursteilnehmer mussten mehrere Wochenenden aus Arbeitsgründen absagen. Annett Eckloff von der Alice Salomon Hochschule empfiehlt deswegen klare Absprachen: große Arbeitgeber haben eigene Weiterbildungsvereinbarungen, in der Kurs, Kosten, sonstige Klauseln und die spätere Jobperspektive festgehalten werden.

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