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Wirtschaft: Letzte Rettungsversuche

Berlin (fo/TSP). Einen Tag nach der offiziellen Bestätigung der Zahlungsunfähigkeit durch das Management plädiert der Betriebsrat des Luftschiffbauers Cargolifter für einen schnellen Insolvenzantrag.

Berlin (fo/TSP). Einen Tag nach der offiziellen Bestätigung der Zahlungsunfähigkeit durch das Management plädiert der Betriebsrat des Luftschiffbauers Cargolifter für einen schnellen Insolvenzantrag. Das Vertrauen in die Geschäftsführung sei erschöpft, sagte Betriebsratschef Matthias Flörsch am Mittwoch. Das Management des Unternehmens will versuchen, innerhalb von gesetzlich zulässigen drei Wochen genügend Geld aufzutreiben, um die Entwicklung eines kleinen Lastenballons weitertreiben zu können. Gelingt dies nicht, muss Insolvenz angemeldet werden. Der Aktienkurs des Luftschiffbauers brach erneut stark ein und stürzte zeitweilig auf 64 Cent. Die Aktie war im Mai vor zwei Jahren zu 15 Euro auf den Markt gekommen.

Angesichts des nahen Endes stellt sich die Frage, ob das Projekt Cargolifter von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Firmengründer Carl von Gablenz verfolgt seit 1996 die Idee, ein Luftschiff für 160 Tonnen Lasten zu entwickeln. Private Aktionäre waren bereit, dafür rund 300 Millionen Euro zu investieren. Das Geld ist aufgebraucht. Das CL-160-Projekt wurde jedoch wegen der akuten Finanzprobleme erst vor wenigen Tagen zurückgestellt und auf den Bau einer kleineren Ballonversion mit 75 Tonnen Tragkraft reduziert.

Luftfahrtexperten halten die so genannte Leichter-als-Luft-Technologie von Cargolifter technisch für durchaus interessant und auch realisierbar. Holger Steinle, Leiter der Luft- und Raumfahrtabteilung des Deutschen Technikmuseums in Berlin (siehe Interview) glaubt aber, dass von Gablenz sich wie viele andere Entwickler nie richtig die Frage vorgelegt habe, ob das Projekt auch wirtschaftlich sei. Daran scheiterten schon zahlreiche interessante technische Entwicklungen, sagte der Technikexperte dem Tagesspiegel.

Hinzu kommt: Für den Transport schwerer Güter gibt es zwar einen Markt, doch können große Lasten auch auf anderen Wegen transportiert werden. Steinle: „Die Ölpipelines im Urwald werden mit und ohne Cargolifter gebaut.“ Einziger Unterschied: Die Lasten müssen zuvor zerlegt werden, um sie per Lkw, Binnenschiff oder Flugzeug zu transportieren.

Dass es technische Alternativen zum Cargolifter bereits gibt, mag auch der Grund dafür sein, warum kein industrieller Investor bei Cargolifter angebissen hat. Das Unternehmen verhandelte unter anderem mit Airbus und Boeing, aber auch mit großen Logistikkonzernen. Das US-Luft- und Raumfahrtunternehmen Boeing hat gerade begonnen, eine Zusammenarbeit mit Cargolifter zu prüfen. Ergebnisse dürften aber erst in Monaten vorliegen. Firmenchef von Gablenz setzte immer große Hoffnungen auf einen Partner mit Format. Hätte er einen solchen Partner - möglicherweise sogar als Großaktionär - gefunden, wäre es leichter gewesen, andere Geldgeber von der Tragfähigkeit des Luftschiff-Projektes zu überzeugen.

Unterdessen laufen die Rettungsversuche auf Hochtouren. Brandenburgs Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß bestätigte weitere Gespräche über die Nutzung einer seit 1999 bestehenden Bürgschaft über 35 Millionen Euro. Das Unternehmen hat seit drei Jahren keine Bank gefunden, die den Eigenanteil der Firma von 20 Prozent übernimmt. In Bankenkreisen wird es auch für unwahrscheinlich gehalten, dass dies jetzt noch gelingen könnte.

Staatliche Hilfen stehen nicht zur Debatte. Land und Bund stellten das am Mittwoch noch einmal klar. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye nannte die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens zwar bedauerlich. Er betonte aber: „Wir haben keine Staatswirtschaft.“

Rege sind auch einige Cargolifter-Aktionäre Sie forderten das ZDF mit einer Wette heraus. Innerhalb von drei Wochen wollen sie sieben Millionen Euro frisches Kapital für die Fortführung des Unternehmens und die Sicherung der Arbeitsplätze einsammeln, sagte Aktionärsvertreter Frank Meyer. Gelinge dies, müsse das ZDF eine Sendung von „Wetten dass...“ vom Gelände der Luftschiffwerft Brand ausstrahlen. Ein ZDF-Sprecher gab der Wette kaum Chancen. Darüber werde nach redaktionellen Gesichtspunkten entschieden, nicht nach dem Börsenkurs. Mit Geld vom Bund kann CargoLifer derweil nicht rechnen.

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