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Wirtschaft: Letzte Ruhe im Metall-Fußball

Das Bestattergewerbe reagiert auf die sinkende Zahl der Beerdigungen und kämpft mit ungewöhnlichen Angeboten um die Kunden

Berlin - Wie eine Trophäe für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sieht der schwarz-weiß lackierte Fußball der Firma Heiso Metallwaren aus. Dass es sich bei dem Ball nicht um einen gewöhnlichen Fanartikel handelt, beweist der Ort, an dem die Firma aus Lastrup in Niedersachen ihn präsentiert: in der Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain. Wer den hohlen Metallball näher betrachtet, sieht, dass er sich aufklappen lässt – und tatsächlich eine Urne ist.

Diese Entdeckung bleibt dem Durchschnittsbürger allerdings zunächst verborgen. Denn der Urnen-Ball ist eines der Ausstellungsstücke auf der Fachmesse „Carpe Diem unterwegs“, die an diesem Sonnabend in Berlin stattfand. 26 Firmen aus dem Bestattergewerbe präsentierten Neuheiten aus der Branche. Dabei gäbe es für Aufgeschlossene viel zu entdecken. Die Branche muss sich wegen der Veränderungen in der Trauerkultur auf immer ausgefallenere Kundenwünsche einstellen.

Der klassische Eichen- und Kiefernsarg hat zwar nicht ausgedient. Aber immer mehr Menschen wünschen sich für ihre letze Ruhestätte einen Stil, der ihrem Geschmack zu Lebzeiten entspricht. „Helle Farben sind gefragt“, sagt Rüdiger Sildatke, Geschäftsführer des Veranstalters Dürener Sargfabrik, und streicht fast liebevoll über einen matt gewachsten Sarg der Reihe „Inspiration“. Der leicht gewölbte Kasten aus hellem Ahornfurnier mit Einlagen aus Mahagoniholz, die sich wie Rallye-Streifen über die ganze Länge ziehen, sieht auf den ersten Blick mehr wie eine Truhe aus. Die Tragevorrichtung ist unter dem Boden verborgen und ausziehbar. Individualität hat ihren Preis, doch wie hoch der genau ist, dazu verrät Sildatke nur: Inspiration läge im „mittleren Preissegment“. Das ist typisch für eine Branche, in der über Preise ungern gesprochen wird. Die Bestattungsfirmen kontrollieren durch individuelle Preisaufschläge ihren Umsatz.

Doch die Sparsamkeit der Verbraucher macht sich auch im Bestattungsgewerbe bemerkbar. Das bietet inzwischen auch Discount-Bestattungen an. Was den Konkurrenzkampf noch verschärft: Die Zahl der Gestorbenen in Deutschland sinkt seit Jahren. Zum Vergleich: 1992 wurden in Berlin noch 42000 Menschen beerdigt, 2004 waren es rund 10000 weniger. Neben kostengünstigen Bestattungen sind pflegeleichte Gräber gefragt. Immer mehr Menschen möchten sich nach ihrem Tod verbrennen und in Gemeinschaftsgräbern bestatten lassen. Und zunehmend werden auch die traditionellen Trauerriten abgelehnt.

Das Bestattergewerbe reagiert mit individuellen Lösungen wie dem grün-metallic lackierten Sarg „Chamäleon“ von der Dürener Sargfabrik. Der schillert wie ein Neuwagen. Eine ganz andere Kundschaft soll ein schlichter Eschensarg ansprechen. „Das ist ein originalgetreuer Nachbau des Papst-Sarges“, erklärt der Chef der Dürener Sargfabrik. Und für alle, die größer oder dicker als der Durchschnitt sind, bietet die Firma auch Särge in Übergrößen an.

Heinz Sommer, Geschäftsführer von Heiso Metallwaren, zeigt neben der Fußball-Urne zum Beispiel auch Mini-Urnen und Medaillons. In den Niederlanden, woher Heiso die Mini-Urnen importiert, sei es bereits „Gang und Gäbe“, sagt Sommer, etwas Asche der Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen. In Deutschland ist das zwar nach dem Bestattungsgesetz verboten. Einige private Krematorien bieten es dennoch an. Dann kann es allerdings schon einmal vorkommen, dass die Polizei eine Mini-Urne beschlagnahmt, erzählt Sommer über die Probleme, die es hier zu Lande noch mit den neuen Trauerriten gibt.

Susanne Herrmann

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