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Quelle zum Wohlstand? Auf der israelischen Bohrinsel "Tamar" begann 2013 die Gasförderung.

© picture alliance / dpa

Leviathan-Feld im Mittelmeer: Israel will Erdgas fördern - und fürchtet Terror

Durch die Erschließung der Gasfelder vor der Landesküste hofft Israels Regierung auf Energieautonomie. Gleichzeitig fürchtet Jerusalem mögliche Terrorattacken auf Bohrtürme.

Strategische Unabhängigkeit, günstigerer Wohlstand und bessere Beziehungen zu den Nachbarn – Israels Regierung will nicht nur das eigene Land, wenn möglich, komplett mit eigenem Öl und Erdgas versorgen. Israelische Rohstoffe sollen auch nach Ägypten und Jordanien exportiert werden. In diesen Tagen prüfen Experten deshalb ein schon bekanntes Ölreservoir am Toten Meer, das nun mit moderner Fördertechnik erschlossen werden könnte. Vor allem aber beraten die Israelis über die Erdgasvorkommen im Mittelmeer, die ab 2018 ausgebeutet werden könnten.

Zwar wird in Israel heftig über rechtliche und politische Fragen gestritten; das Verfassungsgericht hatte einen ersten Förderplan von Premier Benjamin Netanjahu vorerst gestoppt. Doch mittelfristig wird das Erdgas aus dem Leviathan-Feld zwischen Zypern und Israel wohl gefördert. Und das bedeutet nicht nur Arbeit für Ingenieure und Chemiker, sondern auch für Soldaten und Nachrichtendienstler – denn Fördertürme im Meer sind besonders schwer zu schützen.

Auch Zypern und Libanon hatten Ansprüche erhoben

In der Region operieren Zehntausende potenzieller Angreifer, wie Islamisten in den Nachbarländern Israels. Die Hamas im Gaza-Streifen verfügt über ausreichend Raketen, die Hisbollah im Libanon sowieso. Die Aufständischen in Syrien sind unkontrollierbar und in Libyen hat der „Islamische Staat“ die Macht in einigen Hafenstädten übernommen.

Israel beutet bereits Gasfelder nah an der eigenen Küste aus, die größeren Vorkommen im Leviathan-Feld aber liegen mitten im Meer. Ihr Zentrum befindet sich 135 Kilometer westlich von Haifa, weshalb auch Zypern und Libanon darauf Ansprüche erhoben hatten. Dort draußen aber, so die Sorge, könnten weder Israels Küstenwache noch seine Militärhubschrauber helfen, sollten Angreifer einen Überraschungscoup starten.

Angst vor Terroranschlägen

Die Schiiten-Miliz Hisbollah verfügt dem Vernehmen nach sogar über einen Seezielflugkörper, den sie in den Wirren des Syrienkrieges erhalten habe. Dieser „Jachont“ genannte Marschflugkörper kann 300 Kilometer weit fliegen. Von den Hisbollah-Camps im Südlibanon wären also sowohl Tel Aviv als auch die geplanten Bohrinseln erreichbar.

Israels Marine warnte zudem erst im April vor Attentätern im Wasser. „Auf kleinen Schnellbooten, die nachts von einem Mutterschiff in der Nähe starten, könnten Selbstmordattentäter auf Bohrinseln zurasen“, sagte der Befehlshaber der Marine, Konteradmiral Yossi Ashkenazi, auf einer Sicherheitskonferenz in Tel Aviv. Ihm zufolge sei es auch möglich, dass Taucher mit Klein-U-Booten versuchen, an die Fördertürme zu gelangen. Er sprach dabei von Erfahrungen der Drogenkartelle in Lateinamerika: Dort nutzten Schmuggler aus hochwertigen Einzelteilen selbstgebaute U-Boote, um Kokain nach Nordamerika zu transportieren. „Wenn Drogenkartelle eigene U-Boote haben“, sagte Ashkenazi, „könnte das dem IS auch gelingen.“

Deutsche Korvetten im Einsatz

Die geplanten Fördertürme und Pipelines müssten also umfassend geschützt werden. Dabei könnten auch in Deutschland gebaute Kriegsschiffe eingesetzt werden. Israel hatte 2015 den Kauf von vier Korvetten für 430 Millionen Euro angekündigt, die Thyssen Krupp bauen soll. Israelische Experten plädieren zudem für den Einsatz von Spezial-Drohen. Auf der Sicherheitskonferenz in Tel Aviv wurden Modelle vorgestellt, die bis zu 20 Stunden hintereinander die Gastürme umkreisen können. Sie sollen auch U-Boote und Taucher erkennen.

Trotz aller Schwierigkeiten und der hohen Kosten halten Sicherheitsexperten die Erdgasförderung für sinnvoll. „Energielieferungen könnten helfen, unsere Nachbarländer zu stabilisieren“, sagte Amos Gilad. Der Generalmajor leitet den Thinktank der israelischen Armee und gilt als führender Sicherheitsexperte des Landes: „Mehr Wohlstand kann dazu führen, dass es in unseren Nachbarländern friedlich bleibt."

Die Reise nach Tel Aviv wurde vom israelischen Außenministerium finanziert.

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