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Wirtschaft: Lipobay und die Folgen: Schreck mit drei Buchstaben - US-Zulassungsbehörde muss immer mehr Medikamente zurückrufen

Der Schrecken der Pharmaindustrie hat drei Buchstaben: FDA - die Abkürzung für Food and Drug Administration, Amerikas Zulassungsbehörde für Nahrungs- und Arzneimittel. Die FDA gilt mit ihren über 9000 Mitarbeitern und einem Budget von aktuell 1,39 Milliarden Dollar als eine der weltweit mächtigsten Regulierungsbehörden.

Der Schrecken der Pharmaindustrie hat drei Buchstaben: FDA - die Abkürzung für Food and Drug Administration, Amerikas Zulassungsbehörde für Nahrungs- und Arzneimittel. Die FDA gilt mit ihren über 9000 Mitarbeitern und einem Budget von aktuell 1,39 Milliarden Dollar als eine der weltweit mächtigsten Regulierungsbehörden. Der Pharmaindustrie verhagelt sie derzeit zusehends das Geschäft, da sie in jüngster Zeit weniger Medikamente zulässt und dafür zudem auch länger braucht. Die Lipobay-Krise könnte diesen Trend noch verschärfen.

Davon sind europäische Pharmafirmen ebenso betroffen wie amerikanische - die USA gelten weltweit als Mekka der Arzneimittelproduzenten. Der Grund: Nordamerika ist weltweit das einzige reiche Land, das keine Preiskontrollen für patentgeschützte Medikamente kennt. Deshalb erzielt die Pharmabranche in den USA 60 Prozent ihrer weltweiten Gewinne - aber nur 40 Prozent ihres gesamten Absatzes.

Jedes neue Medikament muss - ebenso wie Lebensmittel, Haushaltsgeräte oder medizinische Apparate - die Prüfverfahren der FDA bestehen, bevor es auf dem Markt gelangen kann. Diese Kontrollen sind für Arzneimittel aufwendig: Mehrere hunderttausend Seiten Unterlagen müssen Unternehmen der Behörde vorlegen und zudem verschiedene klinische Studien mit jeweils mehreren tausend Probanden durchführen.

Trotz dieses umfangreichen Prüfverfahrens haben sich in der Vergangenheit die Fälle gehäuft, in denen von der FDA zugelassene Medikamente unbekannte Nebenwirkungen gezeigt und teilweise zum Tod von Patienten geführt haben. Auch unter dem Druck von Verbraucherorganisationen war die FDA Mitte der 90er Jahre dazu übergegangen, Medikamenten-Kandidaten schneller zu prüfen - mit der Folge, dass nach der Zulassung viel mehr Nebenwirkungen auftraten. So war die FDA zwischen 1997 und 2000 gezwungen, 14 Produkte aus dem Verkehr zu ziehen - zwischen 1994 und 1996 dagegen überhaupt keine.

Die mächtigen Verbraucherschutzorganisationen wie etwa "Public Citizen" mit Sitz in Washington fordern jetzt wieder verschärfte Kontrollen. Andere Gruppen wie zum Beispiel die "American Cancer Society", ebenfalls in Washington ansässig, halten dagegen, eine zügige Zulassung von dringend benötigten Medikamenten könne Leben retten. Die Pharmaindustrie bläst ins selbe Horn - verständlich: Jeder Monat, um den die Marktzulassung hinausgeschoben wird, kostet die Unternehmen Hunderttausende von Dollar.

Dabei hat der amerikanische Kongress zumindest das Zulassungsverfahren schon beschleunigt: 1992 erließ er die Prescription Drug User Fee Act (PDUFA), die es der FDA ermöglichte, von den Pharmaunternehmen Gebühren einzutreiben - in diesem Jahr insgesamt 203 Millionen Dollar - mit denen das Personal der Behörde aufgestockt und so das Zulassungstempo beschleunigt werden sollte.

Tatsächlich sind die Prüfzeiten anschlieend gesunken. Neue Medikamente wurden 1999 nach Angaben der FDA in weniger als zwölf Monaten zugelassen - gegenüber 23 Monaten im Jahr 1993. Für Arzneien, die bislang unheilbare Krankheiten wie etwa Aids bekämpfen sollen, prüft die FDA bevorzugt - im so genannten "Fast Track"-Verfahren. Dessen Dauer wurde von zwölf auf sechs Monate reduziert.

Doch dieser Trend ist nach den zunehmenden Rückrufaktionen in jüngster Zeit rückläufig: 2000 dauerte die reguläre Zulassung neuer Medikamente bereits knapp 16 Monate. Die FDA braucht jedoch nicht nur mehr Zeit für die Zulassung, sie gibt auch weniger Arzneien für den Markt frei. Hatte die Behörde 1999 noch 35 neuen Medikamenten den Marktzutritt gewährt, waren es 2000 nur noch 27; von Januar bis Ende Juli diesen Jahres waren es gerade mal zehn Medikamente.

Janet Woodstock, Chefin des für die Arzneimittelzulassung zuständigen Center for Drug Evaluation and Research bei der FDA, weist jedoch darauf hin, dass die Zahl der Rückrufe prozentual gesehen unverändert geblieben ist. Die höheren absoluten Zahlen resultierten aus der erhöhten Anzahl von Zulassungen in den vergangenen Jahren. Zudem hätten Unternehmen in der jüngsten Zeit weniger neue Medikamente zur Prüfung eingereicht. Auch das sei ein Grund für die sinkende Zahl von Zulassungen, sagt Arznei-Expertin Woodstock.

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