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© dpa

Löhne: Gewerkschaft ruft zum Putzstreik auf

Der bisherige Tarifvertrag garantierte einen Mindestlohn von 8,15 Euro im Westen und 6,58 Euro im Osten. Doch die Verhandlungen um eine Verlängerung des Vertrags scheiterten. Aus Angst vor Niedriglöhnen wird in manchen Büros, Schulen und Krankenhäusern in den nächsten Wochen nicht mehr geputzt.

In einigen Büros, Schulen oder Krankenhäusern könnte es in den kommenden Wochen schmutzig werden. Denn die Gewerkschaft IG Bau ruft zum Putzprotest auf. Am heutigen Donnerstag treten Reinigungskräfte in Berlin und Potsdam in Warnstreik, zunächst nur für ein bis zwei Stunden bei vier Objekten, wie Streikleiter Rainer Knerler dem Tagesspiegel sagte: „Wir fangen klein an, damit wir ab nächster Woche eskalieren können.“ Dann soll der Putzprotest bundesweit ausgeweitet werden. Ab dem 14. Oktober seien auch unbefristete Streiks möglich.

Tarifverhandlungen scheiterten

Die Reinigungsbranche mit ihren rund 850 000 Beschäftigten steht seit heute ohne Tarifvertrag und ohne Mindestlohn da. Der bisherige Tarifvertrag, der einen branchenweiten Mindestlohn von 8,15 Euro im Westen und 6,58 Euro im Osten garantierte, lief zum Ende des Monats aus. Obwohl die IG Bau seit Januar mit dem Bundesinnungsverband verhandelte, konnten die Streitparteien keine Einigung erzielen. Die Gewerkschaft fordert 8,7 Prozent mehr Geld, die Arbeitgeber bieten drei Prozent bei einer Laufzeit von 21 Monaten ab dem 1. Januar 2010. Konsequenz des tariflosen Zustandes: Für neu Eingestellte gilt der Mindestlohn nicht mehr. Stattdessen darf nun bis zu 30 Prozent unter dem Tarifgehalt bezahlt werden. Das wäre ein Stundenlohn von lediglich 5,71 Euro oder 4,61 Euro, erst darunter wird es sittenwidrig.

Arbeitgeber: Lohnerhöhung um neun Prozent in der Krise nicht zu rechtfertigen

Die Arbeitgeber zeigen sich empört über das Verhalten der IG Bau. „Die Gewerkschaft spielt mit der Sicherheit von 850 000 Beschäftigten“, sagt Johannes Bungart, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbandes. Eine Lohnerhöhung um fast neun Prozent ließe sich mitten in der Krise nicht rechtfertigen. „Für uns wäre es wichtig, schnell wieder an den Verhandlungstisch zu kommen.“ Die Arbeitgeber sind keineswegs glücklich über den Wegfall des Mindestlohnes. Dieser habe Wettbewerbsverzerrungen und Lohndumping sehr gut verhindert, betont Stephan Schwarz, Geschäftsführer der Reinigungsfirma GRG Services in Berlin. Nun befürchtet er eine Negativspirale. „Wenn einer anfängt sechs Euro zu zahlen, müssen die anderen nachziehen, wenn sie ihre Aufträge halten wollen“, sagt Schwarz, der auch Präsident der Berliner Handwerkskammer ist. Der nach eigenen Angaben größte Gebäudereiniger in Deutschland, Piepenbrock, kündigte am Mittwoch an, den bisherigen Mindestlohn freiwillig weiter zu zahlen.

Die IG Bau vertritt weniger als zehn Prozent der Reinigungskräfte. Sollte in den kommenden Wochen doch noch ein neuer Tarifvertrag zustande kommen, würde der Mindestlohn aber wohl auch unter der neuen Regierung für branchenweit gültig erklärt. „Ich glaube nicht, dass es da Probleme gibt“, sagte Arbeitgebervertreter Bungart. So weit sei man aber noch lange nicht, erklärte die Gewerkschaft. Daniel Gratzla

Daniel Gratzla

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