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Konzernchef Löscher und Finanzvorstand Kaeser (l.) erwarten weniger Wachstum.Foto: dapd

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Wirtschaft: Löschers Welt

Siemens wächst langsamer. Dennoch will der Konzern bald 100 Milliarden Euro Umsatz erzielen

Berlin - Im abgelaufenen Geschäftsjahr liefen die Geschäfte bei Siemens noch glänzend. Und das Auftragspolster im Volumen von 96 Milliarden Euro bietet gewisse Sicherheit. Doch mit allzu viel Optimismus schaut Konzernchef Peter Löscher nicht in die Zukunft. Wegen der sich eintrübenden Weltkonjunktur rechnet der Technologiekonzern und Infrastrukturanbieter im gerade begonnenen Geschäftsjahr 2012 nur noch mit einem moderaten Umsatzanstieg (von drei bis fünf Prozent) und einem Gewinn auf dem Niveau des Vorjahres (siehe Grafik). Dennoch will Peter Löscher mittelfristig die Umsatzgrenze von 100 Milliarden Euro überschreiten. „Dieses Ziel haben wir fest im Visier“, sagte der Konzernchef am Donnerstag in München bei der Vorstellung der Bilanz – ohne jedoch den Zeitraum zu konkretisieren.

Ausgehend von den zuletzt 73,5 Milliarden Euro Umsatz wird Siemens das 100-Milliarden-Ziel in den kommenden fünf bis zehn Jahren wohl nicht ohne Zukäufe schaffen. Dennoch sagte Löscher, dass er den überwiegenden Teil des Wachstums organisch, also auf der Basis der bestehenden Geschäfte erreichen will, mit „ergänzenden Akquisitionen“. Und er sagte, woher die Zuwächse kommen sollen: etwa die Hälfte aus dem Energiebereich, etwa ein Viertel aus dem Industriegeschäft, ein Fünftel aus dem neuen Sektor Infrastruktur und Städte und der Rest aus der schwächelnden Medizintechnik.

An Geld für Akquisitionen mangelt es dabei nicht. 12,5 Milliarden Euro liquide Mittel hatte Siemens zum Ende des Geschäftsjahres am 30. September in der Kasse. Finanzchef Joe Kaeser nannte das eine „beruhigende Ausgangslage speziell in Zeiten wie diesen“. Viele Analysten sind jedoch der Meinung, dass Siemens das Geld sinnvoller einsetzen könnte.

Allerdings hat Siemens immer wieder Pech mit seinen Zukäufen gehabt. Allein im abgelaufenen Quartal musste das Unternehmen 231 Millionen Euro auf das Solargeschäft mit der Tochter Solel abschreiben. Löscher begründete dies mit verschlechterten regulatorischen Rahmenbedingungen und verschobenen Projekten. Seit Siemens den israelischen Solarthermie-Spezialisten 2009 für mehr als 400 Millionen Dollar übernommen hat, konnte das Unternehmen die Erwartungen nie wirklich erfüllen. Fortschritte beim Wüstenstrom-Projekt Desertec zeigten aber, dass der Markt grundsätzlich Zukunft habe, sagte Löscher.

Die Abschreibung ist ein Grund dafür, dass Siemens mit seinem Ergebnis unter den Erwartungen der Analysten und der Aktienkurs am Donnerstag hinter der Entwicklung des Dax zurückblieb.

Im Geschäftsjahr 2011 steigerte Siemens seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 73,5 Milliarden Euro. Der Auftragseingang legte um 16 Prozent auf 85,6 Milliarden Euro zu. Das Ergebnis der drei Sektoren Energie, Industrie und Gesundheit stieg im Vorjahresvergleich um 36 Prozent auf 9,1 Milliarden Euro und der Gewinn aus fortgeführten Aktivitäten erreichte sieben Milliarden Euro. Siemens schlägt eine Dividende von drei Euro je Aktie vor, 2010 waren es 2,70 Euro gewesen.

Die Weltwirtschaft bewege sich in zwei Geschwindigkeiten, konstatierte Löscher, wobei die Wachstumsprognosen für die Schwellenländer um ein Vielfaches höher lägen als in den etablierten Volkswirtschaften. Siemens setzt darauf, weiterhin von der Dynamik der Schwellenländer zu profitieren, um auch 2012 stärker zu wachsen als die Weltwirtschaft insgesamt. Im Moment haben die Schwellenländer einen Anteil von 33 Prozent am gesamten Geschäft – Tendenz steigend. Allein in Russland will Siemens in den kommenden drei Jahren eine Milliarde Euro investieren.

In anderen Märkten spürt der Konzern dagegen Zurückhaltung. „Die Ausgaben speziell im Gesundheitswesen und in Europa sprudeln nicht im Überfluss“, sagte Löscher. Als Reaktion darauf baut Siemens die Medizintechniksparte um. Das soll 500 Arbeitsplätze und 300 Millionen Euro kosten. Allerdings sagte Löscher allen betroffenen Mitarbeitern einen anderen Arbeitsplätze innerhalb des Konzerns zu. Besser lief es zuletzt im Geschäft mit Industrieausrüstungen. Siemens nimmt aber auch hier erste Anzeichen „für eine Atempause auf hohem Niveau“ wahr und rechnet mit einer Abflachung des Wachstums.

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