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Der Arbeitsmarkt wird weiblicher: Fast drei Viertel aller Frauen sind in Deutschland inzwischen berufstätig.

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Update

Lohngerechtigkeit: Nur noch ein kleiner Gehaltsunterschied

Die Gehaltsschere bei Männern und Frauen hat sich beinah geschlossen. Das behauptet das arbeitgebernahe IW Köln. Die Aufstiegschancen steigen jedoch nicht.

Auf den ersten Blick sieht es nach einem Erfolg für die Vorkämpfer der Gleichberechtigung aus. „Der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen liegt in Deutschland bei weniger als zwei Prozent“, schreibt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einer aktuellen Studie. Vorbei also die Zeit, in der berufstätige Frauen mit deutlich weniger Geld nach Hause gingen als ihre männlichen Kollegen?

Ja und Nein. Denn die Lohnlücke schrumpft nur dann zur Minilücke, wenn Frauen ihre Berufstätigkeit nicht länger als 18 Monate unterbrechen – etwa zur Kinderbetreuung. „Vor allem familienbedingte Auszeiten vergrößern die Verdienstunterschiede“, sagte IW-Chef Michael Hüther am Montag in Berlin. Frauen, die länger als anderthalb Jahre aus dem Job ausscheiden, verdienten 2011 sechs Prozent weniger. Dauerte die Auszeit länger als drei Jahre, waren es fast zwölf Prozent.

Auf die zwei Prozent Unterschied kamen die IW-Wissenschaftler, indem sie Faktoren wie Teilzeitbeschäftigung, Bildungsstand und Betriebszugehörigkeit sowie die familiär bedingten Auszeiten berücksichtigten. Sonst hätte der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen bei 25 Prozent gelegen – und damit noch drei Prozentpunkte höher als nach offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2011.

Tatsächlich arbeitet nicht einmal jede zweite berufstätige Frau hierzulande voll. Mit knapp 72 Prozent liegt die Erwerbsquote unter den Frauen vergleichsweise hoch. Lediglich in Skandinavien liegt die Quote noch höher. Der Zuwachs seit dem Jahr 2000 – damals gingen nur zwei von drei Frauen arbeiten – ist den Ökonomen zufolge vor allem auf die zunehmende Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen. Die sei auch eine Hauptursache dafür, dass Frauen nicht häufiger in Führungspositionen zu finden seien. Wer seine Arbeitszeit einschränke, habe schlechtere Chancen aufzusteigen, sagte Hüther. „Ob es einem gefällt oder nicht.“ Zwar gebe es auch Fälle, in denen Führungspositionen in Teilzeit ausgeübt würden. Mit gut acht Prozent sei der Anteil aber gering. Telearbeit oder Jobsharing seien heutzutage offenbar keine attraktiven Möglichkeiten für Unternehmen. „Es ist sehr schwierig, Führungspositionen in Teilzeit auszuüben – so interpretieren wir die Ergebnisse.“

Verglichen mit vor zehn Jahren ist der Anteil von Frauen unter Führungskräften um lediglich drei Prozentpunkte auf 30 Prozent (2011) gestiegen. An dieser Stelle sehen die Wissenschaftler den Staat in der Verantwortung: Die Regierung müsse die Kinderbetreuung massiv verbessern. Das sei der „zentrale volkswirtschaftliche Hebel“, um Frauen zu entlasten. Das Fundament für eine Karriere werde häufig zwischen 20 und 40 gelegt, also genau in dem Lebensabschnitt, in dem vor allem Frauen familienbedingte Auszeiten nehmen. Gerade in dieser Altersklasse seien sie auf staatliche Unterstützung angewiesen. Unter diesen Umständen müsse die Politik auf „Fehlsignale wie das Betreuungsgeld“ verzichten.

Auch eine Frauenquote in Vorständen oder Aufsichtsräten von Unternehmen, wie sie derzeit von der Opposition im Bundestag und von der EU-Kommission gefordert wird, sei nicht das richtige Mittel, um den Missstand zu beseitigen, sagte Hüther. Er verwies darauf, dass es Unternehmen noch immer schwer falle, Mädchen und Frauen für techniklastige oder für Produktionsjobs zu gewinnen. Schon deshalb sei es beispielsweise in der Industrie problematisch, eine Frauenquote bei der Besetzung von Chefposten zu erfüllen. „In einem Stahlwerk finden Sie nicht mal unter der Lupe eine Frau“, sagte Hüther. Die Unternehmen hätten längst die Knackpunkte erkannt und würden handeln. Mehr als die Hälfte sei dabei, Familie und Beruf besser vereinbar zu machen: in dem Bemühen, Frauen als Fach- und Führungskräfte an sich zu binden.

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