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Wirtschaft: „London ist ein Symbol“

DIW-Ökonom Brück über die Folgen der Anschläge

Herr Brück, welche Folgen haben die Anschläge für die Wirtschaft in Europa?

Ich glaube, die Folgen für die europäische Konjunktur insgesamt werden nicht dramatisch sein. Es ist ja nicht der erste Anschlag in Europa. Hart getroffen hat es hingegen die britische Wirtschaft. Die Anschläge werden das Vertrauen der Verbraucher und Investoren in Großbritannien erschüttern. Sie stehen jetzt unter Schock. Mit London hat es den Motor der britschen Wirtschaft getroffen.

Und das wichtigste Finanzzentrum Europas. Glauben Sie nicht, dass dies auch andere Volkswirtschaften beschädigen wird?

London ist ein Symbol, keine Frage. Aber die Anschläge galten – nach allem, was wir wissen – nicht ausdrücklich der City, also dem Finanzdistrikt in London. Auch nach den Attentaten in New York haben sich die Finanzmärkte schnell wieder erholt und die Folgen gut verkraftet. Das dürfte auch nach diesem Schock in London wieder so sein – wenn es zu keiner Serie von weiteren Attentaten kommt. London war schon lange ein Ziel für die Terroristen, und die Briten haben einen Anschlag erwartet. Die Behörden und die Wirtschaftspolitik werden angemessen reagieren.

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag nicht reagiert und die Zinsen unverändert gelassen. War das ein Fehler?

Es ist gut, dass die EZB nicht instinktiv reagiert hat. So sehr man über die Geldpolitik in Europa streiten kann, eine hektische Spontanreaktion der Notenbank wäre eher kontraproduktiv gewesen. Es hat an den Börsen und Devisenmärkten ja keine Panik gegeben.

Nach den Anschlägen von New York und Madrid sind die Tourismus- und die Luftfahrtindustrie in die Krise gerutscht. Droht diesen Branchen ein neuer Rückschlag?

Es wird zu sektoralen Verschiebungen kommen. Reisen nach London werden kurzfristig sicherlich storniert, die Tourismusbranche wird darunter leiden. Und die Briten werden weniger einkaufen. Aber die Erfahrung lehrt, dass die Menschen gelernt haben, mit der Bedrohung zu leben.

Sollte der G-8-Gipfel seine Tagesordnung ändern oder abgebrochen werden?

Das G-8-Treffen kann wenig tun, weil es nicht das richtige Forum für Sofortmaßnahmen ist. Die Industrieländer können bekräftigen, dass sie im Kampf gegen den Terror weiter an einem Strang ziehen werden. Darüber hinaus kann ihr Beitrag zur Terrorbekämpfung nur indirekt sein: indem sie sich auf einen Schuldenerlass verständigen und die Armutsbekämpfung beschleunigen. In Afrika gibt es mehr Terroristen als es jemals in Afghanistan gab.

Das Gespräch führte Henrik Mortsiefer

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