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Lotto: Milliardenpoker um staatliches Wettmonopol

Im Milliardenpoker um das staatliche Lottospiel steht eine entscheidende Runde an: Am Mittwoch beraten die Ministerpräsidenten der Länder in Berlin über einen Staatsvertrag.

Frankfurt/Main - Der Staatsvertrage soll die Werbung für Glücksspiel weitgehend einschränken und zugleich das staatliche Wettmonopol sichern. Seit Wochen aber laufen private Spielvermittler Sturm gegen diesen Vertrag, auf dessen Grundzüge sich die Regierungschefs bereits im Oktober geeinigt hatten. Und kurz vor den entscheidenden Beratungen können die Gegner tatsächlich noch einmal Hoffnung schöpfen, da sich etwa Schleswig-Holstein gegen den vorliegenden Entwurf sperrt. Der Ausgang der Beratungen erscheint wieder offen.

Auf die Ziele des Staatsvertrages hatten sich die Ministerpräsidenten Mitte Oktober auf einem Treffen im niedersächsischen Bad Pyrmont verständigt: Danach soll es ein weitgehendes Internetverbot für Werbung und Vertrieb geben, aber auch eine grundsätzliche Untersagung von Fernsehwerbung für Wetten. Zudem soll gewerblichen Spielvermittlern die Werbung über das Telefon nicht mehr erlaubt sein.

Begründet werden diese rigorosen Maßnahmen vor allem mit der Bekämpfung der Spielsucht. Hintergrund für die Neuregelung ist nämlich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Verfassungsrichter hatten im März das staatliche Wettmonopol zwar für grundsätzlich zulässig erklärt, aber mit starken Einschränkungen versehen. Dem Urteil zufolge muss der Staat das Monopol "konsequent am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht ausrichten".

Faber: "Dämonisierung" des Lottospiels

Die Gegner des Staatsvertrages mühten sich nun kurz vor der Entscheidung der Ministerpräsidenten, das Argument der Spielsucht auszuhebeln. Der Verband der Lottovermittler präsentierte eine Studie des Bremer Instituts für Drogenforschung, wonach nur ein äußerst geringer Anteil von 0,33 Prozent der Lottspieler ein problematisches Spielverhalten zeigt. Verbandspräsident Norman Faber folgert daraus: "Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Tippschein oder ein Los der Klassenlotterie spielsüchtig zu werden, ist ähnlich gering, wie eine Nadel im Heuhaufen zu finden." Das Argument der Spielsuchtbekämpfung sei nur vorgeschoben, um das Staatsmonopol zu verschärfen. Die "Dämonisierung" des Lottospiels sei "absurd" und werde "immer lächerlicher", erklärte Faber.

Der Lotto-Vermittler Tipp24 kündigte bereits Klagen gegen den Staatsvertrag an, falls er wie geplant beschlossen werden sollte. Wenn der Vertrag so verabschiedet werde, "wird es Klagen ohne Ende dagegen geben", sagte Tipp24-Chef Jens Schumann der "Berliner Zeitung". Gegen das staatliche Lottomonopol habe sein Unternehmen nichts einzuwenden. Der Staat versuche jetzt aber, sein Monopol auszuweiten, indem er auch den Vertrieb monopolisiere. Dafür gebe es keine rechtliche Grundlage. Schumann warf den Ländern vor, für eine kurzfristige Sicherung der Erträge "die gesamte Zukunft von Lotto aufs Spiel" zu setzen.

Umsatz von 8,5 Milliarden Euro

Die Gegner des Staatsvertrages sehen zudem Tausende von Arbeitsplätzen in Gefahr, wenn die geplanten Einschränkungen für Werbung und Spielvermittler greifen. Und natürlich wird der Streit auch durch die gewaltigen Summen angeheizt, die auf dem Spiel stehen: Der Jahresumsatz der Lottobranche in Deutschland beläuft sich auf rund 8,5 Milliarden Euro. Die Einnahmen der Länder fließen dabei zu großen Teilen etwa in die Sport- und Kulturförderung.

Die künftige Grundlage für dieses Milliardengeschäft ist vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch aber wieder offen. So beschloss der Kieler Landtag, dass Schleswig-Holstein dem Entwurf in der vorliegenden Form nicht zustimmen könne. Ungemach droht den Ländern zudem langfristig auch auf europäischer Ebene, da die Regelungen möglicherweise Verstöße gegen die Dienstleistungsfreiheit in der EU darstellen könnten. Wetten auf die künftige Gestalt des Wettmonopols bleiben also ein riskantes Unterfangen. (Von Carsten Hauptmeier, AFP)

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