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Bei der Lufthansa könnte es zu neuen Streiks kommen.

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Update

Lufthansa: Piloten wollen wieder streiken - auch in den Weihnachtsferien

Gewerkschaft Cockpit kündigt Ausfälle 24 Stunden vorher an. Auch Flugbegleiter könnten Arbeit niederlegen. Die Weihnachtstage 24. bis 26. Dezember werden nicht bestreikt, die übrigen Tage der Ferien könnten aber betroffen sein.

Bei der Lufthansa drohen ab sofort wieder Streiks der Piloten. Die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) erklärte am Montag die Gehaltstarifverhandlungen für gescheitert und lehnte auch das Angebot der Lufthansa ab, die Gespräche unter Leitung eines Schlichters weiterzuführen. „Bei Lufthansa und bei Lufthansa Cargo ist ab sofort mit Arbeitskampfmaßnahmen zu rechnen. Genaue Dauer und Umfang werden wir mit einem Vorlauf von 24 Stunden ankündigen“, sagte VC-Präsident Ilja Schulz am Montag in Frankfurt am Main.
Die Lufthansa-Töchter Eurowings und Germanwings sind von den Streiks der Piloten nicht betroffen, sie könnten aber von den Flugbegleitern, die von der Gewerkschaft Ufo vertreten werden, bestreikt werden.
Seit fünf Jahren habe es für die rund 5400 Piloten keine Gehaltserhöhung mehr gegeben, und jetzt fordere die Lufthansa faktisch eine Nullrunde. „Reallohnverzicht ist in Zeiten, in denen ein Unternehmen Gewinne schreibt, nicht akzeptabel“, kritisierte Schulz. Jetzt fordert VC eine Erhöhung der Gehälter für diesen Zeitraum um insgesamt fast 20 Prozent. Sollte der Streik länger dauern, wird VC nur auf Ausstände an den Weihnachtstagen vom 24. bis zum 26. Dezember verzichten. Danach sind aus heutiger Sicht auch Streiks in den Weihnachtsferien möglich.

Auf dem Rücken der Kunden

„Es ist absolut unverständlich, warum die VC Streiks androht, die erneut auf dem Rücken unserer Kunden ausgetragen werden, anstatt mit uns in die Schlichtung zu gehen“, meint Lufthansa-Personal-Vorstand Bettina Volkens. Lufthansa hat eigenen Angaben zufolge eine Erhöhung der Vergütung von 2,5 Prozent für fünf Jahre angeboten. VC dagegen spricht von einer Nullrunde. „Nicht einmal der Kaufkraftverlust soll ausgeglichen werden“, ärgert sich Schulz. Bisher haben die Piloten 2014 und 2015 insgesamt 13 Mal gestreikt, vor allem wegen der Alters- und Übergangsversorgung. Jetzt geht es um die Gehälter. Schulz zufolge sind die Bezüge seit Mai 2012 nicht mehr erhöht worden. Real verdienten Lufthansa-Piloten heute fünf Prozent weniger, während die durchschnittlichen Tarifgehälter seit 2012 um 15 Prozent gestiegen seien. In derselben Zeit habe die Lufthansa Gewinne von fünf Milliarden Euro eingeflogen. „Fragen Sie mal Vorstandschef Carsten Spohr, warum er die Piloten nicht am Unternehmenserfolg teilhaben lassen will“, poltert Schulz. Vor diesem Hintergrund fordert VC für die vergangenen fünf Jahre eine Erhöhung von durchschnittlich 3,66 Prozent pro Jahr, was sich auf eine Gesamtforderung von 18,3 Prozent summiert. „Das entspricht in etwa der durchschnittlichen Erhöhung der Bruttolöhne in Deutschland in dieser Zeit“, rechnet Schulz vor. „Deshalb ist die Forderung nicht unverhältnismäßig“. VC zufolge liegen die Einstiegsgehälter für Lufthansa-Piloten bei durchschnittlich 4800 Euro im Monat. Im Schnitt verdiene ein Lufthansa-Pilot 140.000 Euro im Jahr. Damit lägen die Piloten international im Mittelfeld. Die Lufthansa widerspricht. Das Einstieggehalt betrage 78.000 Euro, in der Spitze seien es 256.000 Euro.

Strukturanpassung gefordert

Neben den Tariferhöhungen fordert die VC eine Strukturanpassung. Während die Piloten bislang nach zehn bis zwölf Berufsjahren zum Kapitän aufsteigen könnten, dauere dies jetzt 17 bis 20 Jahre. „Auch das ist mit finanziellen Nachteilen verbunden“, so Schulz. Was VC allerdings nicht sagt, ist, dass die Gehälter der Piloten nach Angaben eines Lufthansa-Sprechers unabhängig vom Tarifvertrag durch das sogenannte Senioritätsprinzip jedes Jahr automatisch um drei Prozent steigen – eine Regelung, die es sonst in keiner anderen Branche gibt. Nach wie vor offen sind die Tarifverträge für die Alters- und Übergangsversorgung. Hier gibt es keine Gespräche.
Dem Lufthansa-Konzern drohen aber nicht nur Arbeitskämpfe mit den Piloten, sondern auch mit den Flugbegleitern. Zwar hatten sich die Gewerkschaft Ufo und die Airline bei der Schlichtung durch den früheren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck auf einen Tarifvertrag geeinigt, doch hapere es bei der Umsetzung, sagte der Chef der Flugbegleitergewerkschaft, Nicoley Baublies, dem Tagesspiegel. Bei den Lufthansa-Töchtern Germanwings und Eurowings gebe es gar keine tarifliche Einigung. Konsequenz: „Bei Germanwings und Eurowings sind Streiks möglich“, warnte Baublies. Diese seien auch „kurzfristig“ denkbar. Allerdings hofft der Ufo-Chef noch auf eine gütliche Lösung.

Was Kunden verlangen können

Anders als bei normalen Verspätungen und Flugausfällen können Kunden, die Opfer von Streiks werden, in aller Regel keine Entschädigung von der Airline verlangen. Falls sich die Lufthansa um einen Streikplan bemüht, also versucht, die Ausfälle gering zu halten, können Passagiere nicht mit Ausgleichszahlungen rechnen, warnt Ronald Schmid vom Internetdienstleister Fairplane. Sollten Passagiere am Flughafen stranden, muss sich die Airline aber um die Kunden kümmern: Verpflegung, notfalls auch eine Übernachtung, Telefonate – das können die Reisenden fordern. Zudem muss die Lufthansa eine Ersatzbeförderung bezahlen, sagt Schmid – das können Bahn- oder Bustickets für innerdeutsche Strecken sein oder auch ein Flug mit der Konkurrenz. (mit dpa)

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