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Wirtschaft: Managergehälter eilen Gewinnen voraus

Vorstände bedienen sich nach gutem Geschäftsjahr 2004/Angaben der meisten Dax-Konzerne mangelhaft

Düsseldorf - Für die Vorstände der führenden Konzerne im Deutschen Aktienindex (Dax) war das Geschäftsjahr 2004 überaus erfreulich. Ihre Gehälter legten viel stärker zu als der kräftige Gewinnschub der Unternehmen rechtfertigt. Während das Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Schnitt der 24 Dax-Industriekonzerne um knapp 16 Prozent stieg, wuchsen die Gehälter der Vorstände um durchschnittlich 25 Prozent. Das ergaben Berechnungen des „Handelsblatts“.

Zehn Vorstandsvorsitzende, deren Bezüge mit dem Vorjahr vergleichbar waren, buchten sogar ein Gehaltsplus von durchschnittlich 33 Prozent. Harry Roels (RWE) und Ekkehard Schulz (Thyssen-Krupp) brachten es auf Zuschläge von mehr als 60 Prozent. Warum aber wirtschaftliche Erfolgskennziffern und die Börsenkursentwicklung der Unternehmensaktien oftmals so wenig in Einklang zu bringen sind mit der Gehaltsentwicklung lässt sich bei den meisten Dax-Firmen nicht klären. Dazu reichen die Angaben im Geschäftsbericht nicht aus.

Bis auf neun Dax-Gesellschaften (einschließlich Münchener Rück) haben sich inzwischen alle entschlossen, die Gehälter ihrer Manager individuell offen zu legen. Einige, wie VW oder MAN, aber nur für den Vorstandschef. Bislang ist die vollständige Transparenz freiwillig und nur im Corporate-Governance-Kodex verankert. Die Bundesregierung will die Verweigerer ab 2005 zur Transparenz zwingen. Nach dem gerade vorgelegten Gesetzentwurf sollen die Unternehmen jedoch nur das individuell ausweisen, was bislang im Handelsgesetzbuch für den Gesamtvorstand verlangt wird.

Für Kienbaum-Berater Alexander von Preen ist der heftige politische Streit um die Angemessenheit von Vorstandsbezügen nicht entscheidend. Die Vergütung der Dax-Vorstände habe sich nur dem internationalen Niveau „weitgehend angenähert“. Kritik übt von Preen hingegen an der weiterhin mangelhaften Transparenz, vor allem beim variablen Gehalt: „Da wünsche ich mir noch deutlich mehr Informationen.“ Der Aktionär erfahre zwar die Höhe der flexiblen Bezüge. „Entscheidend ist aber deren Qualität“, sagt der Berater. Denn die variable Vergütung spiegele den eigentlichen wirtschaftlichen Erfolg. Und erst die Transparenz bei den Details zeige, ob die „variablen Vergütungen mit dem Geschäftserfolg atmen“. Von Preen verweist auf das Beispiel Großbritannien, wo die börsennotierten Firmen in allen Einzelheiten die Bezüge ihrer Manager veröffentlichen. In deutschen Geschäftsberichten finden sich meist nur kurze Absätze zum Thema.

Von den 30 Dax-Vorständen haben 2004 nur sechs Manager Abstriche hinnehmen müssen. An der Spitze die Chefs von Daimler-Chrysler und Eon mit mehr als 20 Prozent Minus. Beim Stuttgarter Autokonzern wirkte sich dabei auch aus, dass der Vorstand im Zuge der allgemeinen Kostensenkung auf Gehalt verzichtete. Einen vergleichbaren Effekt gibt es bei der Telekom. Bei einigen Konzernen weicht die Gehaltsentwicklung extrem stark von den Erfolgskennziffern ab. Bei Adidas verdoppelten die fünf Vorstände ihre Bezüge. Aktien- und Renditeperformance können sich zwar sehen lassen, die Steigerungsraten reichen allerdings nicht an die Gehälter heran. Auch beim Chipproduzenten Infineon ist der Zusammenhang zwischen Gewinn- und Gehaltsentwicklung eindeutig. Mit der schwachen Vorstellung an der Börse sind diese Zahlen jedoch nicht in Einklang zu bringen.

Ohnehin gibt es Zweifel, wie nachhaltig die Gewinnentwicklung der Dax-Konzerne ist. Alle 30 Gesellschaften zusammen bringen für das Geschäftsjahr 2004 etwa 35 Milliarden Euro Gewinn auf die Waage. Zugleich wurden aber – wie der Tagesspiegel berichtete – rund 35000 Stellen gestrichen. Macht bei überschlägiger Rechnung eine Kostenentlastung von 21 Milliarden Euro. Für Alexander von Preen ist das ein Hinweis, dass „sich die Gewinne der Unternehmen noch immer auf dünnem Eis bewegen“. HB

Detaillierte Informationen unter: www.handelsblatt.com/vorstand

Dieter Fockenbrock

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