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Mannesmann-Prozess: Bundesanwaltschaft wirft Esser Untreue vor

Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser hat sich aus Sicht der Bundesanwaltschaft bei der Übernahme des Konzerns wegen Untreue strafbar gemacht. Damit geht sie über die im Mannesmann-Prozess zugelassene Anklage hinaus.

Karlsruhe - Esser habe im Jahr 2000 die vom Präsidium des Aufsichtsrats gefassten Prämienbeschlüsse - von denen er selbst profitierte - maßgeblich vorbereitet, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Wehowsky am Freitag vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Damit geht die Bundesanwaltschaft über die im Düsseldorfer Mannesmann-Prozess zugelassene Anklage hinaus: Das Landgericht hatte gegen Esser nur wegen Beihilfe zur Untreue verhandelt.

Essers Verteidiger Jürgen Welp widersprach der Bundesanwaltschaft entschieden. Die Entscheidung über die Vorstandsvergütung liege in der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Essers Vorbereitung der Beschlüsse habe keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis gehabt. Esser, bei der Übernahme Anfang 2000 seit acht Monaten Vorstandsvorsitzender, hatte neben vertraglichen Abfindungen von rund 15 Millionen Euro einen Bonus von knapp 16 Millionen Euro erhalten.

In einer der aufwendigsten Revisionsverhandlungen seiner Geschichte prüft der BGH seit Donnerstag die Freisprüche des Landgerichts Düsseldorf für die sechs Angeklagten, darunter Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Das Gericht hatte im Juli 2004 Prämienzahlungen an Manager und Ex-Vorstände in Höhe von insgesamt 57 Millionen Euro bei der Mannesmann-Übernahme durch den britischen Mobilfunkkonzern Vodafone nicht als strafbare Untreue eingestuft. Mit einem Urteil wird erst in einigen Wochen gerechnet.

Bundesanwalt Gerhard Altvater warf auch dem früheren IG-Metall-Chef Klaus Zwickel Untreue vor, obwohl er sich bei den Prämienbeschlüssen der Stimme enthalten hatte. Zwickel habe durch seine Teilnahme an den Sitzungen die Beschlussfähigkeit des Gremiums hergestellt und so die «pflichtwidrigen Beschlüsse» ermöglicht. Zwickels Verteidiger Jürgen Pauly entgegnete, es gebe keine «Rechtspflicht zum Boykott» von Präsidiumssitzungen, sondern - im Gegenteil - eine Pflicht zur Teilnahme.

Senatsvorsitzender Klaus Tolksdorf, der sich bereits am Donnerstag skeptisch über die Freisprüche geäußert hatte, bezeichnete die Esser-Prämie am Freitag erneut als «Geschenk», auf die der Vorstandschef nach seinem Vertrag keinen Anspruch gehabt habe. Essers Anwalt Sven Thomas verwies darauf, dass solche Prämien nach den Regeln der Unternehmensführung als nachträgliche, an Leistung und Erfolg orientierte Vergütung einzustufen seien.

Nach Altvaters Worten haben Ackermann und Zwickel auch bei der Gewährung einer Prämie von gut drei Millionen Euro an den ebenfalls angeklagten Joachim Funk Gelder des Unternehmens veruntreut. Dass sie die Zahlungen irrig für erlaubt halten durften - wie das Landgericht ihnen zugute gehalten hatte - , sei nicht ersichtlich. Die Zahlung sei allein auf Wunsch Funks gewährt worden und beruhe deshalb auf «willkürlichen Erwägungen». Funk hatte sich im Februar 2000 als Mannesmann-Aufsichtsratschef die Prämie zunächst selbst genehmigt - was den Beschluss aber unwirksam machte. Nach seinem Ausscheiden wurde im April 2000 - unter Beteiligung von Ackermann und Zwickel - erneut über die Prämie beschlossen. Ackermann-Verteidiger Eberhard Kempf hielt die Prämie für gerechtfertigt, weil die Grundlagen für den Mannesmann-Erfolg schon in Funks Zeit als Vorstandsvorsitzender zwischen 1994 und 1999 gelegt worden seien. (tso/dpa)

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