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Mannesmann-Prozess: Die Angeklagten kommen glimpflich davon

Der lange Rechtsstreit um die Mannesmann-Abfindungen ist für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und die übrigen fünf Angeklagten glimpflich ausgegangen. Danach gab es jedoch Kritik von vielen Seiten.

Düsseldorf/Berlin - Knapp drei Jahre nach Beginn des ersten Untreue-Prozesses stellte das Landgericht Düsseldorf die Neuauflage des spektakulären Strafverfahrens ein. Im Gegenzug müssen die sechs Beschuldigten Geldauflagen von insgesamt 5,8 Millionen Euro zahlen, davon Ackermann allein 3,2 Millionen. Politiker in Berlin wie auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierten die Entscheidung, da sie dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürger zuwider laufe.

Der Vorsitzende Richter Stefan Drees wies die Vorwürfe zurück, die nach der Verfahrenseinstellung weiterhin nicht vorbestraften Angeklagten hätten sich von strafrechtlicher Verfolgung freikaufen können. Solche Bedenken "teilt die Kammer nicht". Drees verwies darauf, dass allein 2003 vor deutschen Gerichten 126.174 Verfahren nach der entsprechenden Vorschrift der Strafprozessordnung eingestellt worden seien. Die Angeklagten in diesen Fällen hätten "ganz überwiegend nicht über besonders hohe Einkünfte oder Vermögen" verfügt.

GdP-Chef Konrad Freiberg beklagte dagegen, die Gerichtsentscheidung erwecke beim Bürger den Eindruck, "wer viel Geld hat, wer clevere Rechtsanwälte bezahlen kann, um Verfahren in die Länge zu ziehen, der kann ohne Urteilsspruch entkommen, gerade im komplexen Bereich der Wirtschaftsstrafverfahren". Dies sei "für das Rechtsempfinden im Land nicht gut", sagte Freiberg der "Leipziger Volkszeitung". Ähnlich äußerte sich Linksfraktionschef Oskar Lafontaine im TV-Sender N24: "Es entsteht der Eindruck, wenn du viel Geld hast, kannst du dich von Strafen freikaufen."

Maas: Entscheidung hinterlässt "bitteren Nachgeschmack"

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte: "Wäre der Satz 'Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen' noch nicht erfunden, wäre heute der richtige Tag dafür." Kritik an der Einstellung des Mannesmann-Verfahrens kam auch aus der SPD. Diese Entscheidung widerspreche "dem Gerechtigkeitsempfinden des Großteils der Bevölkerung" und hinterlasse deshalb einen "bitteren Nachgeschmack", erklärte der saarländische Parteichef Heiko Maas.

Wie der Vorsitzende Richter wies allerdings auch die Staatsanwaltschaft die Kritik an der Verfahrenseinstellung zurück. "Der Eindruck des Freikaufens ist falsch", sagte Oberstaatsanwalt Peter Lichtenberg. "Das ist kein Handel mit der Gerechtigkeit." Vielmehr werde die Einstellung des Prozesses "allen Interessen weitestgehend gerecht". Ackermann äußerte sich am letzten Prozesstag nicht zur Entscheidung der Kammer, die mit ihrem Einstellungsbeschluss am siebten Verhandlungstag Anträgen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft folgte.

Strafen fließen an gemeinnützige Einrichtungen und die Staatskasse

Der Gerichtsentscheidung zufolge muss Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser mit 1,5 Millionen Euro die zweithöchste Summe zahlen. Dem Ex-Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk wurde die Zahlung von einer Million Euro auferlegt. Der frühere IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel muss 60.000 Euro zahlen, Ex-Konzernbetriebsratschef Jürgen Ladberg 12.500 Euro und der frühere Direktionsmitarbeiter Dietmar Droste 30.000 Euro. Das Geld fließt zu 60 Prozent in die Staatskasse, der Rest an gemeinnützige Einrichtungen.

Drees räumte zwar ein, dass die Geldauflage für Ackermann gemessen an dessen "außerordentlich guten Einkommensverhältnissen" gering erscheinen könne. Allerdings habe dem Deutsche-Bank-Chef bei einer Verurteilung eine Geldstrafe von maximal 3,6 Millionen Euro gedroht. Diese gesetzlich festgelegte Obergrenze "mag angesichts der heute erzielten Spitzenverdienste unverständlich erscheinen; sie ist aber geltendes Recht", betonte der Richter. In dem Prozess ging es um die Rechtmäßigkeit von Prämien und Abfindungen in Höhe von 57 Millionen Euro, die nach der Mannesmann-Übernahme durch die britische Vodafone Anfang 2000 an amtierende und frühere Konzernmanager geflossen waren. (tso/AFP)

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