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Wirtschaft: Mehdorn setzt höhere Preise durch

Im Fernverkehr sollen Tickets ab Dezember rund 3,5 Prozent teurer werden – auch für den Nahverkehr sind Zuschläge geplant

Berlin - Die Bahn erhöht ihre Preise. Wie der Tagesspiegel am Montag aus Vorstandskreisen erfuhr, werden die Kunden im Fernverkehr ab dem Fahrplanwechsel im kommenden Dezember im Schnitt rund 3,5 Prozent mehr für ihre Tickets zahlen müssen. Einen entsprechenden Entschluss habe der Bahnvorstand gefasst. Auch im Nahverkehr sind deutliche Zuschläge geplant, hieß es in den Kreisen. Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sagte dem Tagesspiegel: „Die Strategie ist hochriskant.“ Die Bahn werde dadurch Fahrgäste verlieren, während Stammkunden noch mehr bezahlen müssten. „Ich fürchte, unterm Strich wird der Bahn nicht mehr übrig bleiben.“ Auch Karin Rehbock-Zureich, die Bahnexpertin der SPD, sagte, die Aktion werde der Bahn sicher nicht mehr Kunden bringen.

Seit Wochen wurde bei der Bahn über eine mögliche Preiserhöhung diskutiert. Als Grund wurden die gestiegenen Energiepreise – sowohl für Strom als auch für Diesel – angeführt. Bereits bei der Vorlage der Halbjahreszahlen im August hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn gesagt, der Konzern werde um eine Verteuerung seiner Tickets nicht herumkommen, sollte sich Energie weiter verteuern.

In Konzernkreisen hieß es jedoch, dass die Bahn sich durch langfristige Lieferverträge und ähnliche Absicherungen gut gegen die Energiekosten gewappnet habe. Lediglich ein Aufschlag von 0,4 Prozent auf die Ticketpreise ließe sich durch gestiegene Preise für Strom und Diesel rechtfertigen. „Wenn das stimmen würde, wären die Energiepreise eine böse Ausrede zu Lasten der Kunden. Dann würde die Erhöhung allein auf die Verbesserung der Bilanz zielen“, kritisierte Grünen-Verkehrsexperte Schmidt.

Die Preiserhöhung solle je nach Entfernung gestaffelt werden, verlautete in den Vorstandskreisen. In der 2. Klasse würden die Preise bis zu einer Fahrtstrecke von 150 Kilometern so bleiben, wie sie zurzeit sind. Für Fahrten zwischen 150 und 400 Kilometern würden 3,4 Prozent mehr zu zahlen sein. Für Strecken zwischen 400 und 750 Kilometern stiegen die Preise um 4,2 Prozent. Danach greife der bisherige Höchstbetrag von 111 Euro. Auch nach der Fahrpreiserhöhung solle eine einfache Fahrt nicht mehr kosten. In der 1. Klasse seien im Vergleich zur 2. Klasse noch höhere Aufschläge geplant, nämlich bis zu 6,5 Prozent.

Im Nahverkehr wird die Bahn den Bundesländern laut Vorstandskreisen für Entfernungen bis 100 Kilometern eine Fahrpreiserhöhung von 3,9 Prozent und für Strecken zwischen 100 und 300 Kilometern von 3,3 Prozent zur Genehmigung vorlegen. Allerdings haben eine Reihe von Bundesländern bereits vor einer Woche angekündigt, gegen eine Fahrpreiserhöhung Einspruch einzulegen. Auch bei den diversen Ländertickets sind demnach Zuschläge von zwei bis drei Euro geplant, hieß es in den Vorstandskreisen. Die Bahncard 100 – die Netzkarte – werde überdurchschnittlich teurer. Künftig koste sie in der 2. Klasse 3250 Euro statt bisher 3000 Euro, in der 1. Klasse steige der Preis von 5000 auf 5400 Euro.

Bis zuletzt habe sich Personenverkehrsvorstand Karl-Friedrich Rausch gegen eine Fahrpreiserhöhung gewehrt, war in den Vorstandskreisen zu hören. Schließlich habe sich jedoch Bahnchef Mehdorn durchgesetzt. Das wäre der zweite große strategische Fehler, den Mehdorn nach der gescheiterten Bahnpreisreform begehe, sagte Schmidt von den Grünen. Er kündigte an, dass die versprochene Ermäßigung der Mehrwertsteuer für Bahntickets durch die Bundesregierung nur mit deutlichem zeitlichem Abstand zur Fahrpreiserhöhung erfolgen könne. „Die Verantwortung liegt jetzt beim Vorstand“, sagte Schmidt. SPD-Expertin Rehbock-Zureich sagte, eine Mehrwertsteuerermäßigung würde der Bahn 300 Millionen Euro bringen. „Das Geld würde ich angesichts der aktuellen Situation lieber in die Infrastruktur stecken.“

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