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Wirtschaft: Mehdorns falsche Taktik

Von Carsten Brönstrup Kaum ein deutsches Unternehmen hat ein so grausiges Jahr hinter sich wie die Deutsche Bahn. Mit dem misslungenen Preissystem hat sie sich bis auf die Knochen blamiert, und bei der Pünktlichkeit der Züge steht der Konzern so schlecht da wie lange nicht.

Von Carsten Brönstrup

Kaum ein deutsches Unternehmen hat ein so grausiges Jahr hinter sich wie die Deutsche Bahn. Mit dem misslungenen Preissystem hat sie sich bis auf die Knochen blamiert, und bei der Pünktlichkeit der Züge steht der Konzern so schlecht da wie lange nicht. Da verwundert es nicht, dass die Bahn von den Kunden regelmäßig zu einem der unbeliebtesten Unternehmen der Republik gewählt wird. Die Folge: massiver Kundenschwund – deshalb geht es der Bahn schlecht. Vor allem im Fernverkehr wird sie ihre Gewinnziele in diesem Jahr vermutlich um mehrere hundert Millionen Euro verfehlen. Damit es nicht ganz so schlimm kommt, haben die BahnManager nun offenbar bei den Gewerkschaften angeklopft und vorgefühlt, ob man die für Mai 2004 vereinbarte Lohnsteigerung um 3,2 Prozent nicht um ein Jahr verschieben könnte. Würden die Arbeitnehmer das Begehren abschlägig bescheiden, müsse leider noch mehr Personal abgebaut werden, droht Bahnchef Hartmut Mehdorn unverhohlen.

Fingerspitzengefühl beweist der Vorstand mit diesem Vorgehen nicht. Der Zeitpunkt dafür ist äußerst ungünstig gewählt. Unzufriedene, mürrische Mitarbeiter, die das Gefühl haben, die Fehler des Managements ausbaden zu müssen, kann sich die Bahn nicht leisten. Schon gar nicht im Weihnachtsgeschäft. Dass die Beschäftigten in schlechten Zeiten Opfer bringen und auf Geld verzichten müssen, ist zwar in anderen Konzernen einigermaßen normal. Es gibt allerdings auch kaum ein Unternehmen, in dem Stimmung und Motivation der Mitarbeiter so wichtig für den Erfolg sind wie bei der Bahn. Deshalb muss sie bei den Verhandlungen behutsamer vorgehen – sonst vergrätzt sie nicht nur ihre eigenen Leute, sondern die Kunden gleich mit.

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