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Alle Zielgruppen hat Airline-Chef Hartmut Mehdorn mit seinen neuen Tarifen im Blick.

© dapd

Mehdorns neuer Coup: Air Berlin führt die Holzklasse ein

Die Fluggesellschaft Air Berlin reagiert mit neuem Tarifsystem auf den Preiskampf. Auch Online-Buchungen werden billiger.

Vordergründig geht es um die Sitzplätze, die zu oft leer bleiben: Die ungeliebten Mittelplätze zwischen Fenster und Gang, die „eher hinten im Flugzeug“, wie es am Dienstag bei Air Berlin hieß. Die wolle man erfolgreicher verkaufen. Hinter dem Preismodell, mit dem die Gesellschaft das erreichen will, steckt aber mehr: Die strategische Neuausrichtung der angeschlagenen Fluggesellschaft. Air Berlin, ewig auf der Suche nach einem Image zwischen Billigflieger und Premium-Airline, soll nun endlich eine Fluglinie für alle werden.

„Wir benötigen Tarife für alle Zielgruppen“, sagte Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der neuen Tarifstruktur, die für alle Europa-Ziele gilt. Statt wie bisher zwei gibt es ab sofort für alle ab dem 1. Juli buchbaren Flüge drei Tarife zur Auswahl: Es gibt weiterhin einen Standard-Tarif („Fly Classic“), mit dem man ab 98 Euro (hin- und rück) fliegen kann und an Bord einen Snack und ein Getränk erhält. Kunden können weiter kostenlos Gepäck aufgeben und auf jede gewünschte Art und Weise einchecken. Stornierungen sind aber nicht kostenlos möglich. Der bisherige Flex-Tarif, der sich vor allem an Geschäftskunden richtet, heißt nun „Fly Flex“ (ab 189 Euro). Dort sind Flüge kostenlos stornierbar, man kann den Sitzplatz bei Buchung frei wählen und erhält mehr Meilen.

Fotostrecke: Das Debakel um den neuen Hauptstadt-Airport, von dem auch Air Berlin betroffen ist:

Neu ist der Tarif „Just Fly“ mit dem Air Berlin nun gegen ähnliche Angebote von Ryanair und Easyjet um „preissensitive Kunden“ wirbt, wie es hieß. Ab 78 Euro kann man damit nur Hin- und Rückflug gemeinsam buchen, nur online einchecken und nur ein Handgepäckstück mitnehmen. Der Sitzplatz wird automatisch vom Buchungssystem zugeteilt – einen Kampf um die besten Plätze wie bei der Konkurrenz erspart Air Berlin seinen Kunden immerhin. Die müssen aber für wirklich jedes Extra draufzahlen: Jedes Gepäckstück, sogar die Plastiktüte aus dem Duty-Free-Shop, kostet mindestens 30 Euro extra. Eine Umbuchung ist nicht einmal gegen Geld möglich. Und zudem muss man mindestens zwei Nächte am Zielort verbringen.

Für Online-Buchungen entfällt die Service-Gebühr von 17 Euro

Der Tarif soll auch nicht auf jeder Strecke verfügbar sein, sondern nur als Instrument genutzt werden, die Nachfrage auf schwächeren Strecken anzukurbeln – wie derzeit etwa nach Griechenland, wo die Nachfrage derzeit nur 30 Prozent des Niveaus des Jahres 2010 erreicht.

„Das neue Modell bedeutet nicht, dass Air Berlin nun teurer wird. Es bedeutet auch nicht, dass Air Berlin insgesamt billiger wird“, erklärte Vertriebsvorstand Paul Gregorowitsch. Der Durchschnittspreis lag zuletzt bei rund 109 Euro je Ticket, Air Berlin erklärtermaßen auch noch höhere Preise durchsetzen, sofern möglich. Der Vertrieb soll aber übersichtlicher werden. In dem Zusammenhang werden auch Online-Buchungen billiger als die am Schalter oder Telefon. Wer im Internet bucht, muss die bisher fällige Service-Gebühr in Höhe von 17 Euro pro Person nicht mehr zahlen.

Die Vorstände begründeten alle Neuerungen damit, dass der große Konkurrent Lufthansa selbst Sparprogramme eingeführt hat und mit Germanwings eine Billigfluglinie betreibt. Lufthansa bietet zum Beispiel spezielle Angebote ab Berlin für 49 Euro (eine Strecke) an – ohne Abstriche beim Service. Druck kommt auch von den Billigfliegern: Die irische Ryanair hatte Marktbeobachter erst am Montag mit einem Jahresgewinn von einer halben Milliarde Euro positiv überrascht. Mehdorn rechnet dagegen erst im kommenden Jahr mit der Rückkehr in die Gewinnzone – trotz jüngster Erfolge des Sparprogrammes Shape & Size.

„Mit dem neuen Tarif scheint mir Air Berlin auf dem richtigen Weg zu sein bei der Suche nach einer Antwort – auch auf die Sparpreise der Lufthansa“, sagte Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Offenbar mache sich die Investition in ein neues Buchungssystem bezahlt. Der Umsatz werde besser kontrollierbar.

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