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Wirtschaft: Mehr Geld für arme Rentner

Sozialverband VdK: Riester-Rente darf nicht mit Grundsicherung verrechnet werden

Berlin - Arme Rentner sollen durch die Riester-Rente keine Nachteile bei der Grundsicherung haben. Das fordert der Sozialverband VdK. „Die Einkünfte aus der Riester-Rente dürfen nicht mit der Grundsicherung verrechnet werden“, sagte VdK-Präsident Walter Hirrlinger am Freitag dem Tagesspiegel. Hirrlinger forderte die Politik auf, das zu ändern. „Die Riester-Rente soll Einbußen bei der gesetzlichen Rente mildern und nicht neue Belastungen schaffen“, kritisierte der Chef des VdK. „Das ist ein Skandal.“

Das Problem: Nach heutigem Recht gelten Einnahmen aus Riester-Verträgen als Einkommen. Sie werden daher bei der Prüfung berücksichtigt, ob jemand Grundsicherung erhält und in welcher Höhe.

Die Grundsicherung ist eine Sozialleistung, die in zwei Fällen gezahlt wird: einmal an Rentner, die nur eine Minirente beziehen, und zum zweiten an Erwerbsunfähige, die nicht länger als drei Stunden täglich arbeiten können und daher kein Arbeitslosengeld nach Hartz IV erhalten. Die Unterstützung beträgt 347 Euro im Monat, hinzu kommen Wohn- und Heizkosten. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums werden durchschnittlich 710 Euro im Monat gezahlt.

Den Vorstoß Hirrlingers lehnt das Ministerium ab. „Die Grundsicherung ist eine Form der Sozialhilfe“, betont Ministeriumssprecher Christian Westhoff. Das heißt: Sie wird nur dann gezahlt, wenn jemand keine eigenen Einnahmen hat oder mit den eigenen Einnahmen nicht über die Runden kommen kann. „Die Riester-Rente muss daher im Alter verwendet werden“, stellt der Sprecher klar. An eine Änderung der bestehenden Regelung werde im Ministerium nicht gedacht.

Auch in der SPD sieht man keinen Handlungsbedarf. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Elke Ferner befürchtet Abgrenzungsprobleme, wenn man die Riester-Rente bei der Grundsicherung bevorzugt. „Es kann keinen Unterschied machen, ob jemand Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Riester-Rente oder einer betrieblichen Altersvorsorge hat“, sagte Ferner dem Tagesspiegel. Denkbar sei auch eine Kombination aus verschiedenen Rentenversicherungen. „Wo will man da den Strich ziehen?“, fragte Ferner. Eine einseitige Besserstellung der Riester-Rente wie vom VdK gefordert, lasse sich nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbaren, sagte die SPD-Politikerin.

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband forderte unterdessen eine Erhöhung der Grundsicherung. „Die Grundsicherung ist nicht armutsfest“, sagte Geschäftsführer Werner Hesse dem Tagesspiegel. Der Wohlfahrtsverband setzt sich dafür ein, dass die Regelsätze automatisch erhöht werden. „Die Regelsätze müssen so heraufgesetzt werden, dass die Inflation aufgefangen wird“, meint Hesse.

In Deutschland sind immer mehr Menschen auf Grundsicherung angewiesen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes erhielten im vergangenen Jahr rund 682 000 Menschen über 65 Jahre und Erwerbsunfähige die staatliche Unterstützung. Das waren 52 000 Menschen oder 8,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Seit Einführung der Sozialleistung im Jahr 2003 ist die Zahl der Bezieher sogar um 55,4 Prozent gestiegen. Besonders betroffen ist Berlin. Hier bezogen zum Jahresende 2006 knapp 52 000 Menschen Grundsicherung, 26,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Trend scheint ungebrochen. Ende April dieses Jahres zählte die Senatsverwaltung für Soziales 53 506 Empfänger von Grundsicherung, davon waren 30 090 älter als 65 Jahre.

Nach Einschätzung der Senatsverwaltung wird sich das Problem noch weiter verschärfen. Denn Grundsicherung beziehen vor allem diejenigen, die lange Zeit arbeitslos waren und daher nur Minirenten bekommen. Da die Arbeitslosigkeit in Berlin seit Jahren besonders hoch ist, gibt es in der Hauptstadt besonders viele Empfänger von Grundsicherung. Im vergangenen Jahr musste Berlin für diese Unterstützung 13,76 Millionen Euro aufbringen, alle Kommunen zusammen gaben 3,1 Milliarden Euro aus.

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