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Wirtschaft: Mehr Kontrolle und mehr Schutz

Wie die EU gegen die Finanzmarktkrise vorgehen will

Brüssel/Berlin - Mit einer besseren Risikovorsorge durch die Banken und einer verstärkten Aufsicht will die EU-Kommission einer weiteren Verschärfung der Krise auf dem europäischen Finanzmarkt vorbeugen. Entsprechende Gesetzespläne will die Kommission am heutigen Mittwoch in Brüssel vorlegen. Auch Kleinaktionäre können auf einen besseren Schutz hoffen. Die Vorschläge im Detail:

BESSERE RISIKOABSICHERUNG

Die EU-Kommission will die Banken zwingen, sich über mehr Eigenkapital gegen den Ausfall von Krediten abzusichern. Das sieht eine Neufassung der seit 2007 geltenden Eigenkapitalrichtlinie vor, die Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy an diesem Mittwoch in Brüssel vorlegen will. Faule Kredite sind die Wurzel der aktuellen weltweiten Finanzkrise.

Ursprünglich wollte Brüssel den Instituten vorschreiben, 15 Prozent der Risiken durch Eigenkapital abzusichern. Auf Druck der Banken sind nur noch fünf bis zehn Prozent im Gespräch. Auch für Großkredite will der irische Kommissar McCreevy die Vorgaben verschärfen. Künftig sollen sich Banken untereinander nur noch Beträge leihen, die maximal einem Viertel ihres Eigenkapitals entsprechen.

VERSTÄRKTE BANKENAUFSICHT

Grenzüberschreitend tätige Kreditinstitute sollen künftig erstmals einer europäischen Gruppenaufsicht unterstehen. Bisher ist jeweils die nationale Bankenaufsicht zuständig. Die grenzüberschreitenden Geschäfte der Banken nehmen aber rasant zu – da reicht Brüssel die bestehende Kontrolle nicht mehr aus. In Deutschland wäre in diesem Fall die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zuständig.

MEHR SCHUTZ FÜR KLEINAKTIONÄRE

Ende Oktober will die EU-Kommission verschärfte Vorschriften für Ratingagenturen vorlegen. Agenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und geben auch Kleinanlegern wichtige Hinweise.

Das EU-Parlament fordert darüber hinaus mehr Transparenz bei hochspekulativen Hedgefonds, an denen zunehmend auch Pensionsfonds Anteile halten. Ein Ausfall würde sich negativ auf Rentenansprüche auswirken, fürchten die Abgeordneten.

RUFE NACH RETTUNGSFONDS

Einen europäischen Rettungsfonds für Banken nach US-Vorbild soll es vorerst nicht geben. Weiteres soll der EU-Gipfel Mitte Oktober klären.

Der französische Präsident und noch bis Jahresende amtierende EU-Ratsvorsitzende Nicolas Sarkozy plant zudem ein internationales Spitzentreffen zur Finanzkrise, das Vertreter von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien vorbereiten sollen. Sarkozy mahnte vergangenen Woche, die Vorgänge in den USA sollten eine Lehre sein – und Europa solle sich auf den Tag vorbereiten, an dem es von einer ähnlichen Krise betroffen sein werde. Die Zeit sei reif dafür, „die eigenen Regeln und Prinzipien zu überdenken“ und „die eigenen Glaubenssätze in Frage stellen, sagte der EU-Ratsvorsitzende.

Wenn Binnenmarktkommissar McCreevy sich mit seinen Vorschlägen durchsetzen kann, müssen als nächstes das Europäische Parlament und die Finanzminister der EU-Staaten darüber entscheiden. AFP/Tsp

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