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Wirtschaft: Mehr Licht im Finanzdschungel

EU will Termingeschäfte strenger überwachen und mehr Stabilität erreichen.

Brüssel - Ein Marktbereich, der bisher kaum kontrolliert wird und dessen Fehlentwicklung als Mitursache der Finanzkrise gilt, bekommt nun gesetzliche Regeln: der Markt für Termingeschäfte. Fast anderthalb Jahre, nachdem die EU-Kommission entsprechende Vorschriften vorgeschlagen hatte, verständigten sich die 27 EU-Regierungen und das Europaparlament am Donnerstagabend im Vermittlungsausschuss auf einen neuen Gesetzestext. Nun steht noch die Bestätigung durch den Finanzministerrat und das EU-Parlament aus. Im April dürfte die Verordnung dann in Kraft treten.

Die EU setzt damit einen der zentralen Beschlüsse des G-20-Gipfels von Pittsburgh 2009 um. Die Regierungschefs hatten damals eine globale Agenda zur Finanz-Regulierung verabschiedet. EU- Kommissar Michel Barnier begrüßte das Ergebnis als „großen Schritt hin zu mehr Stabilität auf den Finanzmärkten“. Er ergänzte: „Die Ära der Intransparenz und dubiosen Geschäfte ist vorbei.“

Zentrales Element der Neuregelung ist die Meldepflicht, da die Behörden bisher kaum Einblick in die finanziellen Risiken haben, die bestimmten Geschäften zugrunde liegen. Bis heute ist nicht einmal klar, wer welche Wetten auf welche Marktentwicklungen abgeschlossen hat. Währungsderivate, Zinsderivate und Kreditausfallversicherungen stehen dabei im Vordergrund, wie der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen berichtet, der für das Parlament verhandelte. Wetten auf Aktien und Rohstoffpreise machten nur einen kleinen Teil des Marktes aus.

Die EU-Kommission nimmt an, dass zwischen 80 und 95 Prozent aller Termingeschäfte nicht über Börsen, sondern direkt zwischen den Vertragsparteien abgeschlossen werden. Fachleute nennen das „Over-the-counter“-Handel, weil die Papiere „über den Tresen“ gereicht werden. Brüssel schätzt, dass im Juni 2011 solche Kontrakte mit einem Wert von 540 Billionen Euro offenstanden.

Künftig müssen Derivatgeschäfte an ein zentrales Register gemeldet werden. Alle Marktteilnehmer können es einsehen. Angesichts der gewaltigen Summen ist die Gefahr von Dominoeffekten, wenn eine Partei nicht zahlt, groß. Daher müssen die Deals künftig, wenn nicht an der Börse, so doch zumindest über Clearingstellen abgewickelt werden. Brüssel will, dass diese Geschäfte „mit mehr Eigenkapital unterlegt werden“ als solche, die nicht über Dritte laufen. Christopher Ziedler

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