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Wirtschaft: Mehr Macht für die Märkte

Der Tod der europäischen Energiemonopole wurde im vergangenen Jahrzehnt zu oft verkündet, um sagen zu können, wann sie denn wirklich am Ende sind. Allerdings kam es jetzt zu einem bemerkenswerten Umschwung: Das sonst so unnachgiebige Frankreich stimmt einem Zeitplan zur Liberalisierung des Marktes zu.

Der Tod der europäischen Energiemonopole wurde im vergangenen Jahrzehnt zu oft verkündet, um sagen zu können, wann sie denn wirklich am Ende sind. Allerdings kam es jetzt zu einem bemerkenswerten Umschwung: Das sonst so unnachgiebige Frankreich stimmt einem Zeitplan zur Liberalisierung des Marktes zu. Auch wenn es sich nur um einen Fünfjahresplan handelt, hat die alte französische Regierung solche Pläne noch im März strikt abgelehnt.

Still und leise hat die im Juni gewählte Regierung einige der Tentakeln, die die französische Wirtschaft im Griff der Regierung halten, entwirrt. Übers Wochenende fand eine Blitzauktion der letzten staatlichen Anteile an der Societé Générale statt und Vivendis beschleunigter Ausgliederung der Wasser und Abwasserabteilung wurde stattgegeben. Das konnte nicht unbemerkt ablaufen. Die derzeitigen Streiks sind die Reaktion auf die Liberalisierung, die die Arbeitsplatzsicherheit bedrohen. Präsident Chirac und Premier Raffarin haben sanft angedeutet, dass sie die Rolle der Regierung in der Wirtschaft ändern wollen. Ihre leise Rhetorik verdeckt einen Politikwechsel, der nicht mehr zu übersehen ist.

Es muss sich zeigen, wie weit sie dabei gehen. Aber Electricité de France (EdF), das staatliche Energiemonopol, schien bis jetzt unantastbar. Seit Anbeginn des EU-Beschlusses zur Deregulierung des Energiemarktes 1992 hat Frankreich Zeit geschunden. Und seit sogar Deutschlands Energiemarkt offen ist, steht Frankreich allein da. Jetzt scheint Frankreich eine fundamentale Meinungsänderung vollzogen zu haben. Für sein Zugeständnis ist Frankreich natürlich nicht leer ausgegangen: Die EU- Kommission hat die Liberalisierung für 2005 festgelegt. Für Frankreich gilt 2007. Vielleicht stellt die EU-Erweiterung und ein Einstieg der EdF in den osteuropäischen Markt einen Anreiz dar.

Die Kombination von Gewerkschaftswiderstand und dem Wunsch, Frankreich französisch zu halten, hat sich als tödlich für Reformen erwiesen. Frankreichs Gewerkschaften und Beamte werden nie die Speerspitze der Liberalisierung sein, wie die Streiks jetzt zeigen. Aber die jetzige Kehrtwende ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Chirac und Raffarin bereit sind, den Zorn dieser Interessengruppen zu riskieren. Die energische Reaktion auf die Streiks ist ebenfalls ermutigend.

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