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Wirtschaft: Mehr Macht für die Manager

DÜSSELDORF .Einen verhängnisvollen Systemwechsel sieht Steuerexperte Peter Bareis auf das Steuerrecht zukommen.

DÜSSELDORF .Einen verhängnisvollen Systemwechsel sieht Steuerexperte Peter Bareis auf das Steuerrecht zukommen.Die "Gedankenskizze" des Bundesfinanzministeriums für eine einheitliche Unternehmensteuer in Höhe von 35 Prozent läßt ihn das Schlimmste befürchten.In dem Papier, das die Arbeit der neuen Expertenkommission strukturiert, erkennt Bareis "einen eindeutigen Trend zu mehr Dirigismus, zu einer mutwilligen Unterscheidung zwischen guten und bösen Einkünften".Mit juristischen Kunstfiguren würden neue Ungleichbehandlungen verankert, deren Begründung fragwürdig sei und die ein umfangreiches Kontrollsystem nach sich ziehen müßten, sagte der Hohenheimer Wissenschaftler im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Er bezieht sich dabei auf die unterschiedliche Besteuerung von "einbehaltenen" Gewinnen (35 Prozent) einerseits und "privat" verwendeten Gewinnen (Ausschüttung, Entnahme, verdeckte Gewinnausschüttung) andererseits, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen dem normalen Einkommensteuersatz (bisher 53,9 Prozent, bald 48,5 Prozent) unterliegen sollen.Für Bareis ist offensichtlich, daß der Übergang von erwirtschafteten Gewinnen in die Sphäre der Gesellschafter mit Mißtrauen betrachtet und mit Zusatzbelastungen versehen werden solle.Damit werde eine künstliche Trennung gezogen zwischen dem "Unternehmen" als Institution, das eine steuerliche Vorzugsbehandlung genieße, und dem "Unternehmer" als Person: "Das alte Zerrbild des bösen Kapitalisten feiert fröhliche Urständ", vermutet Bareis.Zwar hätten die Steuerstrategen um Finanzminister Lafontaine das Problem der Begünstigung von im Unternehmensbereich verbleibenden Gewinnen durchaus wahrgenommen, erkennt Bareis an: Kapital drohe in unrentablen Firmen eingeschlossen zu werden und fließe nicht über den Kapitalmarkt in die effizienteste Verwendungsmöglichkeit.Das Thema wird in Lafontaines Gedankenskizze angesprochen.Danach könnte der sogenannte Lock-in-Effekt vermieden werden, indem die Entnahme (oder der Veräußerungsgewinn) "bei Absicht der Reinvestition" dem Unternehmenssektor zugeordnet werde oder der Eigner bei tatsächlicher Reinvestition eine Steuererstattung erhalte.Dazu Bareis: "Die Absicht der Reinvestition ist ein derart schlampig formulierter Begriff, daß er dem Mißbrauch Tür und Tor öffnen würde.Und eine spätere Steuererstattung macht ein höchst kompliziertes Kontrollsystem notwendig." Wahrscheinlich unabsichtlich sei die Koalition drauf und dran, die Macht der Unternehmensmanager weiter zu stärken, warnt Bareis.Diese erhielten zusätzliche Argumente, Finanzmittel im Unternehmen zu halten und nicht über die Aktionäre dem Kapitalmarkt zur Verfügung zu stellen: "Ganz eindeutig: Der Staat lenkt zugunsten des Managers.Wir sind auf dem Weg in die Funktionärswirtschaft."

MARC BEISE (HB)

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