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Wirtschaft: Mehr Offenheit bei deutschen Chefgehältern

US-Börsenaufseher Alan Beller fordert die deutschen Aktiengesellschaften zu Transparenz gegenüber Anlegern auf

Berlin (hop). Auch deutsche Unternehmen sollten offener als bisher über die einzelnen Gehälter berichten, die sie ihren Spitzenmanagern zahlen. „Die Investoren haben ein Recht darauf, die Zahlungen an die Vorstände zu erfahren“, sagte Alan Beller, Direktor für Corporation Finance bei der USBörsenaufsicht SEC (siehe Lexikon auf Seite 16), dem Tagesspiegel. Die Höhe der Gehälter sei allerdings kein Regulierungsthema. „Wie viel gezahlt wird, soll der Markt bestimmen“, sagte Beller, der auf Einladung der American Academy am Dienstag in Berlin war. Entscheidend aber sei, dass die Vorstandsgehälter von unabhängigen Komitees festgelegt werden.

„Die Zahlungen sollten sich an der langfristigen Entwicklung des Unternehmens, nicht an kurzfristigen Erfolgen orientieren“, sagte Beller. Außerdem sollte das Argument nicht gelten, „wenn der Konkurrent X ein bestimmtes Gehalt zahlt, dann müssen wir genauso viel zahlen“. Beller wollte nicht kommentieren, ob US-Manager zu viel verdienen. „Aber ich kann so viel sagen: Die Komitees haben begonnen, ihre Rolle ernster zu nehmen. Und nach einer ernsthaften Entscheidung wird es auch ein angemessenes Gehalt geben.“

Unternehmen informierten ihre Aktionäre heute außerdem besser als vor den großen Bilanzskandalen wie beim US-Energiekonzern Enron. Das liege vor allem daran, dass sich die internationale Finanzkontrolle verbessert habe und die Unternehmen wieder ernsthafter prüften. „Die Unternehmen achten wieder mehr auf die Qualität ihrer Berichterstattung, weil sie wissen, dass wir es auch tun.“ Dabei habe das so genannte Sarbanes-Oxley-Gesetz, das 2002 als Reaktion auf die Milliardenpleite des US-Energiekonzerns Enron verabschiedet wurde, eine wichtige Rolle gespielt. Beller sagte aber auch, dass die Regulierung nicht allein für eine wahrheitsgetreue Berichterstattung der Untenehmen sorgen könnte. „Das muss in das Erbgut jedes einzelnen Mitarbeiters.“

Wesentlicher Grund für den Zusammenbruch von Enron, ehemals das wertvollste Unternehmen der Welt, waren Bilanzfälschungen. Kreditverpflichtungen und Verflechtungen mit Tochterfirmen waren so lange verschleiert worden, bis der Konzern zusammenbrach. Nur wenig später musste auch der Telekommunikationskonzern Worldcom Insolvenz anmelden. Auch hier waren Bilanzfälschungen ein wesentlicher Grund. Daraufhin verabschiedete die Regierung unter US-Präsident George Bush das Sarbanes-Oxley-Gesetz – mit verschärften Regeln. Die SEC hat seitdem die Bilanzen der größten Konzerne – auch ausländischer – genauer unter die Lupe genommen.

Deutsche Eigenheiten erlaubt

Über eine Reihe von Regelungen beim Sarbanes-Oxley-Gesetz gab es Beschwerden aus Europa. Viele deutsche Firmen etwa wären so in die Zwickmühle geraten, weil sie auch an US-Börsen notieren und deshalb den Regelungen folgen müssen – es aber nach deutschem Recht nicht gekonnt hätten. Bei der Umsetzung des Gesetzes in tatsächliche Finanzmarktregeln seien die „legitimen Ansprüche“ aber angemessen berücksichtigt worden, sagte SEC-Fachmann Beller. Es gebe zum Beispiel Ausnahmen für deutsche Firmen. „Jetzt ist ihnen erlaubt, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zu haben“, sagte Beller. Auch für Eigenheiten etwa von japanischen oder koreanischen Unternehmen sei Vorsorge getroffen worden. Dabei bewegen sich die Finanzmarktregeln aus Sicht Bellers weltweit immer weiter aufeinander zu. „Die Konvergenz der Regulierung geschieht dabei nicht um ihrer selbst willen, sondern weil die globalisierten Märkte sie verlangen.“ Investitionsentscheidungen sollten nicht von Regulierungsfragen bestimmt werden, sondern von den Vor- und Nachteilen des jeweiligen Marktes. „Deshalb muss es gemeinsame Standards geben.“ In ferner Zukunft halte er einen transnationalen Regulierer für möglich, aber nicht für zwingend. Schon heute arbeiteten die USA, asiatische Staaten und Europa sehr gut bei der Erarbeitung gemeinsamer Regeln zusammen.

Trotz aller noch bestehender Unterschiede sei die Vernetzung der Finanzmärkte seit Anfang der 90-er Jahre erfolgreich verlaufen, wie die zahlreichen Börsengänge von Nicht-US-Unternehmen an amerikanischen Finanzmärkten gezeigt hätten. Zwischen 2001 und 2003 sei die Zahl zwar zurückgegangen – wegen der insgesamt schlechten Verfassung der Börsen und weil viele Firmen die Umsetzung des Sarbanes-Oxley-Gesetzes abwarten wollten. Jetzt dürfte die Aktivität ausländischer Unternehmen in den USA aber wieder zunehmen, schätzte Beller.

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