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Stahl

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Metallverarbeitung: Der Preis für Stahl steigt immer schneller

Mittelständische Stahlverarbeiter werfen den Produzenten Preisdiktat vor. Eisenerz ist bereits zwei Drittel teurer als vor einem Jahr.

Der drastische Anstieg der Stahlpreise bedroht eine Kernbranche des industriellen Mittelstands. Auf die zumeist familiengeführten Betriebe der Stahl- und Metallverarbeitung kommt ein Kostenschub von 50 Prozent zu. Dies entspricht einer Mehrbelastung von mehr als zwei Milliarden Euro. Die 4600 Unternehmen der Branche erzielten 2007 mit 440 000 Mitarbeitern einen Umsatz von gut 81 Milliarden Euro.

Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Stahlkonzerne auch vor Vertragsbrüchen nicht zurückschrecken. Dem „Handelsblatt“ liegen Briefe vor, in denen Stahlkonzerne ihren Kunden die Pistole auf die Brust setzen: „Um unsere Lieferfähigkeit auch im zweiten Halbjahr 2008 weiter aufrechtzuerhalten, sehen wir uns gezwungen, unsere Preise massiv ... anzuheben. Hiervon sind auch laufende Jahresabschlüsse betroffen.“ Solche oder ähnliche Formulierungen finden sich in Schreiben von Arcelor-Mittal, Salzgitter oder der Saarstahl-Gruppe.

„Unsere Mitgliedsfirmen haben keine Chance, dem Preisdiktat der Stahlhersteller auszuweichen“, klagt Andreas Möhlenkamp, Chef des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) in Düsseldorf. Er wirft den Stahlproduzenten vor, ihre Angebotsmacht ohne Rücksicht auf eine ihrer größten Abnehmerbranchen auszunutzen. 2007 haben die Mitgliedsfirmen des WSM knapp 20 Millionen Tonnen Stahl verarbeitet, dies entspricht knapp 40 Prozent der gesamten deutschen Stahlproduktion.

Doch auch die Stahlkonzerne stehen unter erheblichem Druck. Marktführer Arcelor-Mittal begründet die Anhebung der Stahlpreise mit einer erheblichen Verteuerung der Rohstoffe Eisenerz, Kokskohle und Schrott sowie höheren Kosten für Energie und Transport. So koste Eisenerz 66 Prozent mehr als vor einem Jahr, der Einkaufspreis für Stahlschrott habe sich verdoppelt, derjenige für Kokskohle sogar verdreifacht.

Das Tempo der Preissteigerungen ist beispiellos. Kostete eine Tonne Flachstahl zu Jahresbeginn noch weniger als 500 Euro, waren es im April bereits 600 Euro. Für Lieferungen ab Juli verlangen die Stahlhersteller bereits 720 Euro. Und am Wochenende kündigte Arcelor-Mittal für Lieferungen ab September einen weiteren Aufschlag von 50 Euro auf dann 770 Euro je Tonne an. Viele Abnehmer können solche Preissprünge nicht mehr abfedern. Die Mittelstandsbank IKB schätzt, dass die deutschen Stahlverarbeiter 2007 eine durchschnittliche Umsatzrendite vor Steuern von rund vier Prozent erzielt haben. „Durch die Verteuerung der Stahlpreise kommen die seit Jahresanfang schrumpfenden Margen noch mehr unter Druck“, warnt IKB-Analyst Markus Mohaupt. Nur wenn es gelänge, die zusätzlichen Belastungen an die Abnehmer weiterzuleiten, könne ein massiver Ergebniseinbruch verhindert werden. Doch der mit Abstand größte Kunde der Branche, die Autoindustrie, sieht sich ebenfalls einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Höhere Kosten durch den Einkauf bei ihren Zulieferern kann sie kaum an die Kunden weiterreichen: Die Autokonjunktur steht wegen der hohen Spritpreise auf der Kippe. mjh (HB)

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