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Wirtschaft: Metro will mit einem Chip Milliarden sparen

Der Handelskonzern führt ab November ein neues System ein, mit dem die Strichcodes auf den Waren ersetzt werden können

Der Einzelhandelskonzern Metro kündigte kürzlich die Einführung eines neuen Systems zur Verwaltung seiner Waren an, das langfristig die bisher gebräuchlichen Strichcodes ablösen soll. Damit würde der Konzern den US-Handelsriesen Wal- Mart überholen, der nach bisherigen Plänen 2005 mit dem Einsatz der RFID-Technik (Radio Frequency Identification) starten will. Ab November sollen in Deutschland innerhalb eines Jahres zunächst rund 250 Metro-Niederlassungen und zehn Logistik-Zentren des Handelskonzerns umgerüstet werden. Etwa hundert der wichtigsten Metro-Lieferanten werden an der Einführung beteiligt sein. Damit deckt Metro knapp zwei Drittel seines Einkaufsvolumens ab. Bis Ende 2007 sollen dann alle 800 Niederlassungen und Zentren in der Bundesrepublik komplett umgestellt sein. Für die ausländischen Märkte des Konzerns gebe es derzeit noch keine entsprechenden Pläne, sagt Metro-Projektmanager Gerd Wolfram.

Sparpotenzial von 20 Prozent

Von der Einführung des Systems verspricht sich Metro eine effizientere Warenverwaltung, weniger Verlust durch verlorene, gestohlene und beschädigte Produkte sowie einen effektiveren Personaleinsatz. Die Zulieferer können über ein Computersystem den Fluss ihrer Produkte im Metro-Vertriebsnetz verfolgen. Alain Benichou vom Computerhersteller IBM, der ebenfalls am Metro-Projekt beteiligt ist, beziffert das Einsparpotenzial auf bis zu 20 Prozent der bisher üblichen Lagerkosten. „Das sind zusammengenommen Beträge in Milliardenhöhe.“ Neben IBM sind auch der Softwarehersteller SAP und der US-Halbleiterhersteller Intel an den Technologieplänen von Metro beteiligt.

Die Zukunftstechnologie wird bereits seit letztem Jahr als Pilotprojekt in einem Metro-Supermarkt in Rheinberg am Niederrhein getestet. „Die Tatsache, dass Metro den November 2004 als Start für die erste Phase angegeben hat, verbunden mit den in Rheinberg gesammelten Erfahrungen, gibt Metro im Rennen um die RFID-Einführung einen Vorsprung gegenüber Wal-Mart“, sagt Scott Langdoc, Vice President des US-Marktforschungsinstituts AMR Research. Der in Bentonville, Arkansas, ansässige weltgrößte Handelskonzern Wal-Mart hat mit seinen hundert wichtigsten Zulieferern vereinbart, zum Januar 2005 ihre Paletten, Container und Transportverpackungen mit RFID-Etiketten zu versehen. Branchenexperten gehen derzeit davon aus, dass diese Frist eingehalten werden kann. Inzwischen wollen sich 26 weitere Lieferanten an dem RFID-Programm beteiligen. Die komplette Umstellung bei allen Wal-Mart-Lieferanten ist dann für Januar 2006 anvisiert.

Technik aus dem 2. Weltkrieg

Die RFID-Etiketten basieren auf einer Technologie, die erstmals im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, um anfliegende Flugzeuge als Alliierte zu identifizieren. Seitdem konnten die elektronischen Etiketten auf vielfältige Weise verwendet werden, so beispielsweise, um Fließbandrobotern mitzuteilen, in welcher Farbe ein Wagen zu lackieren ist, oder für die Sicherheitskontrolle bei der Oscar-Verleihung. Doch der Preis der Etiketten und fehlende Standards für ihre Verwendung waren große Hindernisse für einen weiteren Einsatz im Einzelhandel.

Auf den kaum briefmarkengroßen Etiketten sind ein Chip und eine Antenne integriert. Technischer Standard und Kosten der Etiketten variieren erheblich. Zur einfachsten Ausführung gehört neben dem Datenträger ein separates Lesegerät, das die vom Etikett übertragenen Daten dekodiert. Metro-Projektmanager Gerd Wolfram veranschlagt die Kosten pro Stück auf 30 bis 40 US-Cents. Das liegt derzeit noch erheblich über den fünf Cents, die im Einzelhandel als Zielwert angepeilt werden, um die Etiketten flächendeckend auch für Individualverpackungen anzuwenden.

Die Artikel wurden übersetzt und gekürzt von Tina Specht (China), Matthias Petermann (Metro), Svenja Weidenfeld (Steuern), Christian Frobenius (Bundeswehr) und Karen Wientgen (Berlusconi).

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