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Wirtschaft: Metrorapid schwebt in die Verlustzone

Experte rechnet mit 90 Millionen Euro Defizit pro Jahr / Rot-Grün streitet um Finanzierungskonzepte

Berlin (fo). In der rot-grünen Regierungskoalition bahnt sich ein Streit um die Finanzierung der Transrapid-Projekte in Nordrhein-Westfalen und Bayern an. Die Grünen weigern sich, über die zugesagten 2,3 Milliarden Euro hinaus weitere Mittel bereitzustellen. „Wir denken nicht daran, einem höheren Bundeszuschuss näher zu treten“, sagte Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, am Donnerstag in Berlin. Darüber hinaus gibt es in der Fraktion Befürchtungen, dass die Projekte schön gerechnet worden sind, um sie durchzusetzen. Dabei könnte allein der Metrorapid jährlich 90 Millionen Euro Verlust einbringen.

Erst am Montag hatte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) für den in Nordrhein-Westfalen geplanten Metrorapid zusätzliche 250 Millionen Euro Fördermittel unter der Bedingung in Aussicht gestellt, dass auch die Industriekonzerne Siemens und Thyssen-Krupp mit jeweils 100 Millionen Euro einsteigen. Daraufhin forderte auch die bayerische Landesregierung höhere Zuschüsse aus Berlin.

NRW will eine Strecke zwischen Dortmund und Düsseldorf für 3,2 Milliarden Euro bauen. Das ehrgeizige Ziel, bis zur Fußballweltmeisterschaft 2006 den Metrorapid fertig zu stellen, ist allerdings längst aufgegeben worden. Frühestens 2008, meinen Experten, wird die Bahn schweben können. In München soll die Innenstadt mit dem Flughafen für 1,6 Milliarden Euro verbunden werden. Den Bayern sind bislang 550 Millionen Euro Fördermittel und Düsseldorf 1,75 Milliarden Euro vom Bund in Aussicht gestellt worden. Der Haushaltsausschuss hat aber noch keinen Euro freigegeben. NRW fordert in diesem Jahr 200 bis 300 Millionen Euro, um die Planung vorantreiben zu können.

Die Grünen in Berlin pochen bei der Finanzierung auf den Koalitionsvertrag. Dort ist festgelegt, dass es nur Bundeszuschüsse für Transrapidprojekte gibt, wenn die Strecken rentabel sind. Die vor einem Jahr vorgelegte Machbarkeitsstudie geht davon aus, dass beide Überschüsse abwerfen. Daran gibt es erhebliche Zweifel unter Grünen-Politikern. Bestärkt sehen sie sich durch Berechnungen des früheren Bahn-Managers Rudolf Breimeier. Der ehemalige Hauptabteilungsleiter war zuständig für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecken der Deutschen Bahn.

Breimeier hat die Transrapid-Projekte in NRW und Bayern durchkalkuliert und „aus der Sicht des Steuerzahlers“ bewertet. Danach wird der Metrorapid jährlich Defizite von 90 Millionen Euro verursachen. Die Studie rechnet mit einem Überschuss von 3,2 Millionen Euro. Laut Breimeier sind dabei die Einnahmeausfälle der Bahn sowie die Kapitalkosten für Fahrzeuge und Fahrwege nicht berücksichtigt. Selbst wenn der Bund auch Fahrzeuge und Antrieb komplett finanzieren würde, bliebe ein Defizit von 58 Millionen Euro in NRW, sagt Breimeier. In München ergibt sich nach vergleichbaren Rechnungen immerhin noch ein Defizit von gut acht Millionen Euro pro Jahr. Die Gutachter gehen von 25,6 Millionen Euro Überschuss aus. Breimeier: „Wenn die Projekte so realisiert werden, ist das ein Skandal.“

Industrie hält sich noch zurück

Ungeachtet der möglichen Defizite aus dem Betrieb ist die Frage der Finanzierung immer noch nicht klar. Am Montag will NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) das Finanzierungskonzept für den Metrorapid vorstellen. Das Land rechnet bislang so: zwei Milliarden Euro vom Bund, 200 Millionen Euro vom Industriekonsortium, gut 300 Millionen aus dem Bundesverkehrswegeetat und 700 Millionen als Darlehen. Den Kredit will das Land teilweise mit einer Bürgschaft absichern. Die Rückzahlung von jährlich etwa 50 Millionen Euro soll aus dem Fahrkartenverkauf sowie aus den so genannten Bestellerentgelten (das sind Bundesmittel für die defizitären Nahverkehrsunternehmen) gedeckt werden.

Bayerns Verkehrsminister Otto Wiesheu (CSU) kündigte für Dienstag die Vorlage eines eigenen Finanzierungskonzeptes an. Eingebunden werden sollen offenbar die staatliche Bayerische Landesbank sowie die Flughafengesellschaft.

Siemens-Chef Heinrich von Pierer schloss am Donnerstag auf der Hauptversammlung seines Unternehmens in München aus, dass die Industrie die Finanzierung von Verkehrs-Infrastruktur übernehme. Er sei zwar gesprächsbereit, Zuschüsse werde es aber nicht geben. Von Pierer bot an, weiter über einen „vernünftigen Beitrag“ zur Realisierung der Projekte zu sprechen. Dabei könne es etwa um die Preise für die erwarteten Aufträge gehen. Siemens habe ein „großes Interesse“, dass der Transrapid auch in Deutschland schwebt. Ob allerdings die Finanzierung bis zu der von Politikern gesetzten Frist Ende des Monats steht, „muss man mal sehen“, sagte von Pierer.

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