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Wirtschaft: Michael Frenzel im Gespräch: Der Preussag-Chef über tragische Unglücke, Wettbewerb und Profit

Michael Frenzel (53) ist seit 1994 Chef von Preussag. Der Jurist Frenzel, in jungen Jahren für die SPD in der Duisburger Kommunalpolitik aktiv, war Anfang der 80er Jahre in leitender Funktion bei der WestLB tätig.

Michael Frenzel (53) ist seit 1994 Chef von Preussag. Der Jurist Frenzel, in jungen Jahren für die SPD in der Duisburger Kommunalpolitik aktiv, war Anfang der 80er Jahre in leitender Funktion bei der WestLB tätig. WestLB-Chef Neuber holte Frenzel und machte ihn auch zum Preussag-Chef. Die WestLB hält 30 Prozent an Preussag.

Herr Frenzel, Preussag ist heute kein Mischkonzern mehr, sondern bald der weltweit größte Reisekonzern. Der Absturz der Concorde hat einem die Risiken der Branche wieder vor Augen geführt. Inwieweit müssen Sie auch solche tragischen Ereignisse in Ihrer Arbeit einkalkulieren?

Niemand rechnet ernsthaft mit solchen Tragödien, wie sie sich gerade bei Paris abgespielt haben. Wir alle sind sehr betroffen. Allerdings ist es eine Selbstverständlichkeit, für Krisenfälle organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Auch wir verfügen über interne Krisenstäbe, die im Ernstfall sofort in Aktion treten können. Beispielsweise wenn es zu Erdbeben kommt und Flüge umdisponiert werden müssen.

Erst unlängst hat es auch mit einem Flugzeug Ihrer Airline, Hapag Lloyd, bei Wien einen Zwischenfall gegeben. Preussag hatte Glück.

Das war das erste Mal in der langjährigen Firmengeschichte von Hapag-Lloyd-Flug, dass so etwas passiert ist. Hapag-Lloyd-Flug hat extrem hohe Sicherheitsstandards.

Trotzdem muss ein Reisekonzern doch auch finanziell auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet sein.

Wir können keine Rückstellungen für tragische Ereignisse bilden. Budgetmäßig ist das nicht zu fassen.

Können Sie ausschließen, dass wirtschaftliche Zwänge im Konzern zu folgenschweren Entscheidungen führen und Flugzeuge möglicherweise nicht am Boden bleiben, obwohl es angebracht wäre?

Definitiv ja. Sicherheit hat eindeutig Priorität. Und noch eins: Das Flugzeug ist eines der sichersten Verkehrsträger. Würde ich sonst mit meiner Familie übermorgen mit Hapag Lloyd nach Mallorca fliegen? Ich habe drei Kinder. Nein, Fliegen ist sicher.

Die EU-Wettbewerbskommission hat gerade den Weg zur Übernahme des britischen Reisekonzerns Thomson Travel frei gemacht. Preussag wird damit weltweit die Nummer eins. Warum wollen Sie so hoch hinaus?

Dem Reisemarkt werden stattliche Wachstumsraten in Aussicht gestellt.

Von Flaute keine Spur?

Die sehe ich nicht. Vielleicht können die Erwartungen hier oder dort nicht ganz erfüllt werden. Doch allein die TUI Group verzeichnet in diesem Sommer bereits mehr als 6,5 Prozent Gäste als im letzten Jahr. Pauschalreisen bleiben ein Wachstumsmarkt. Es mag sein, dass sich das Kundenverhalten verändert. Die Kunden buchen spontaner, verreisen kürzer, aber häufiger. Doch der Markt wächst.

Mehr Umsatz heißt noch lange nicht mehr Ertrag. Lohnt sich das Geschäft?

Sonst würde Preussag sich nicht auf die Reisebranche konzentrieren. Allerdings sollte man nicht nur die Umsatzrendite zum Maßstab aller Dinge machen. Die Branche stellt sich neu auf. Auch Preussag steht heute hinter einem integrierten Reisekonzern, der durch Synergieeffekte eine größere Kapazitätsauslastung erreicht. Das zählt. Nehmen Sie unsere Hotels. Zurzeit verfügen wir über zirka 100 000 Betten. Weitere werden in den nächsten drei, vier Jahren hinzukommen. Dabei rechnen wir in diesem Bereich mit einer hohen Objektrentabilität oder Kapitalverzinsung. Es lohnt sich daher schon, in die Touristik zu investieren. In der Branche brauchen wir ein bestimmtes Mengengerüst für Rentabilität. Im Übrigen zählen die Marken und die Qualität.

Sie bauen den Konzern weiter um und werden sich früher oder später ganz auf Dienstleistungen und Reise konzentrieren?

Ja. Preussag war einmal ein Konzern, der in 50 Branchen aktiv war. Mit Thomson erzielen wir 70 Prozent unseres Umsatzes im Reisegeschäft.

Der Kauf von Thomson, sagt die Börse, ist zu teuer. C & N hat bei 160 Pence pro Aktie abgewunken. Warum haben Sie draufgelegt, 180 Pence pro Aktie bezahlt und damit einen Kursrutsch in Kauf genommen?

Ich habe keinen Kursrutsch in Kauf genommen. Auch Preussag ist ein Unternehmen, das sich dem Unternehmenswert verpflichtet fühlt. Allerdings gehört es manchmal zum Geschäft, dass die Märkte nicht so, wie es erforderlich wäre, auf Veränderungen eingestimmt werden können. Manchmal gehört auch Überraschung zum Erfolg. Mit Thomson decken wir 80 Prozent des europäischen Marktes ab. Auf Dauer wird sich das Investment bezahlt machen. Gemeinsam sind wir sowohl in Mitteleuropa als auch in Skandinavien und England stark.

Sie wollen auf Fremdfinanzierung verzichten und den Thomson-Deal mit den Emissionserlösen von Hapag Lloyd teilfinanzieren. Wie viel muss der Börsengang von Hapag Lloyd einbringen?

Das kann ich nicht sagen. Einen Ausverkauf in Hast wird es auf alle Fälle nicht geben. Im Übrigen werden wir einen Teil von Hapag eher Anfang nächsten Jahres als Ende dieses Jahres an die Börse bringen.

Welchen Stellenwert hat der Vertriebsweg Internet für Preussag?

Die Entwicklung des Internet-Vertriebs hat hohe Priorität. Ob Tickets, Hotels oder Mietwagen - die Buchungszahlen via Internet nehmen stark zu.

Das Reisebüro ist tot?

Überhaupt nicht. Den Beratungsbedarf wird es weiter geben; auch, wenn das Interesse am Netz rapide steigen wird.

Auch Preussag ist nicht vor feindlichen Übernahmen sicher. Wie schützt sich der Konzern?

Je besser wir arbeiten, desto begehrter werden wir. Der beste Schutz ist eine gute Aktien-Performance. Wir arbeiten daran.

Herr Frenzel[Preussag ist heute kein Mischkonzern]

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