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Wirtschaft: Microsoft muss büßen

Europäisches Gericht verurteilt US-Konzern wegen Machtmissbrauchs zu einer Rekordstrafe von 497 Millionen Euro

Berlin/Brüssel - Der weltgrößte Softwarekonzern Microsoft hat vor dem Europäischen Gericht erster Instanz eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen. Die Richter gaben am Montag der EU-Kommission, die Microsoft den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen hatte, in allen wichtigen Punkten Recht.

In einem der spektakulärsten Wettbewerbsverfahren in der Geschichte der EU hatten die europäischen Wettbewerbshüter gegen Microsoft vor drei Jahren ein RekordBußgeld von 497 Millionen verhängt. Sie hatten dem Konzern vorgeworfen, seine marktbeherrschende Stellung zu Lasten von Verbrauchern und Konkurrenten ausgenutzt zu haben. Weltweit laufen 95 Prozent aller PCs mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows. Microsoft setzte im vergangenen Jahr mehr als 50 Milliarden US-Dollar um.

Die EU-Kommission hatte Microsoft verpflichtet, Konkurrenzunternehmen technische Informationen zur Verfügung zu stellen, damit diese Windows kompatible Software anbieten können. Außerdem hatten die Wettbewerbshüter die Verknüpfung der Musik- und Videospielsoftware Media Player mit Windows gerügt und Microsoft aufgefordert, Windows auch ohne das Zusatzprogramm anzubieten.

Diese Auflage hat der US-Konzern inzwischen erfüllt. Da beide Software-Pakete aber gleich teuer verkauft werden, greifen Kunden nach wie vor zum Kombiangebot. Streit gibt es auch wegen des Umgangs mit Lizenznehmern. Nach Meinung der EU-Kommission sind die Lizenzen zu teuer. Daher hat EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes bereits ein weiteres Strafgeld von über 280 Millionen Euro verhängt.

Kroes sprach am Montag von einem wichtigen „Präzedenzfall“ und einem klaren Signal, „dass so stark dominierende Unternehmen ihre Position nicht ausnutzen dürfen“. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso betonte, „das Urteil bestätigt die Objektivität und Glaubwürdigkeit der Wettbewerbspolitik der Kommission“. Microsoft-Anwalt Brad Smith ließ offen, ob der Konzern Revision beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen wird.

„Microsoft kann jetzt noch Revision beim EuGH einlegen – möglicherweise mit Erfolg“, sagte Carsten Vennemann von der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Brüssel. Zwar sind die EuGH-Richter an die Tatsachenfeststellungen gebunden und nehmen nur noch eine rechtliche Überprüfung vor, dennoch sei es möglich, dass der EuGH anders entscheidet, glaubt Vennemann.

Verbraucherschützer lobten das Urteil. „Die Strafe gegen Microsoft wird abschreckende Wirkung haben“, sagte Christian Thuron vom Bundesverband der Verbraucherzentralen dem Tagesspiegel. Das Urteil sei ein klares Signal an Konzerne, ihre Marktmacht nicht zu missbrauchen. Der praktische Nutzen der Entscheidung ist dagegen beschränkt, warnen Computerexperten. Der Media Player hat inzwischen praktisch alle Konkurrenzangebote verdrängt. Zudem hat Microsoft in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Wettbewerbern wie Sun oder Novell bereits Lösungen für Windows-kompatible Schnittstellen vereinbart.

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